In der ILS haben die Freien Wähler viele interessante Foto: Freie Wähler

Die Freien Wähler Marbach werden vom Leiter der ILS, Roland Kocher, und von Disponentin Tanja Lutz durch die Integrierte Leitstelle des Landkreises in Ludwigsburg geführt.

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Völlig unspektakulär blinkt ein orangefarbenes Licht über den acht computerunterstützten Abfrage- und Funkarbeitsplätzen in der Kommandozentrale der Integrierten Leitstelle (ILS) in der Marienstraße. Welcher Schicksalsschlag sich wohl hinter diesem eingehenden Hilferuf verbergen mag? Ein Hausbrand in einem Mehrfamilienhaus, ein Notruf eines verunglückten Hundespaziergängers im Wald, ein schwerer Crash auf der Autobahn mit einem lebensgefährlich verletzten Motorradfahrer oder gar ein Chemieunglück in einer Ludwigsburger Firma? In jedem Fall muss es nun schnell gehen.

Ein freier Mitarbeiter der ILS nimmt das Telefonat entgegen und stellt die alles entscheidenden „W-Fragen“: Wo? Was ist passiert? Wie viele Verletzte? Welche Verletzungen? Wer ruft an? In Sekundenschnelle muss der Mitarbeiter nun die Dringlichkeit abschätzen, entscheiden, ein geeignetes Rettungsteam auf den Weg schicken und möglicherweise gleichzeitig dem aufgeregten Anrufer Anweisungen und Hilfestellungen bei Fragen zur Erstversorgung von Verletzten geben. Keine Tätigkeit für Menschen mit schwachen Nerven.

306 000 Anrufe gehen bei der ILS im Laufe eines Jahres ein. Daraus ergeben sich 5000 Einsatzdienste für die Feuerwehr und 101 000 Einsätze für Rettungsdienst und Krankentransport. „Wir sind eine große Leitstelle“, berichtet Roland Kocher, verantwortlich für den technischen und personellen Bereich innerhalb der ILS Ludwigsburg. „Die Leitstelle ist zuständig für 530 000 Einwohner und wurde im Zusammenhang mit der Einführung des einheitlichen Notrufs 112 im Jahre 2014 als allumfassende Ansprechstelle für alle Hilfesuchenden eingerichtet.“ Sie hat zwei Hauptaufgaben: Erstens die Alarmierung der Feuerwehr, gegebenenfalls die Unterstützung der Einsatzleitung vor Ort, und zweitens die Steuerung aller Einsätze im Rettungsdienstbereich (Notfallrettung, Krankentransport und Bevölkerungsschutz).

Dabei obliegt der Leitstelle die taktische Weisungsbefugnis. Sollte einmal eine Großschadenslage (zum Beispiel ein Flug-oder Bahnunfall, Erdbeben oder ähnliches) eintreten, so laufen alle Fäden bei der ILS zusammen, von hier aus wird koordiniert und organisiert. „Weitere Aufgaben sind die Planung von Hubschraubereinsätzen, Alarmierung der DLRG, Ausarbeitung von Sondereinsatzplänen bei Katastrophen, zum Beispiel in Schulen oder in Tunneln oder auch für Störfälle in Kernkraftwerken. Die ILS ist auch zentrale Anlaufstelle für die Bereitstellung und Verteilung von Verbrennungsbetten in Baden-Württemberg“, ergänzt Tanja Lutz. „Sollte die Hauptleitstelle aus irgendeinem Grund nicht mehr einsatzfähig sein, gibt es in Ludwigsburg auch eine Redundanzzentrale, das ist einmalig in Baden-Württemberg“, erzählt Roland Kocher. „Sie befindet sich in den Räumen der ehemaligen Leitstelle des Roten Kreuzes in der Reuteallee und ist mit zwei Hauptarbeitsplätzen ausgestattet. Selbstverständlich sind beide Zentralen komplett vernetzt. Die ILS könnte bei Bedarf auch um die Arbeitsplätze der Reuteallee erweitert und so entlastet oder ergänzt werden.“

„Die ILS ist eine gemeinnützige GmbH. Zu 50 Prozent wird sie vom DRK, zu 50 Prozent vom Landkreis Ludwigsburg finanziert“, erläutert Roland Kocher weiter. „Die Leitstelle ist rund um die Uhr erreichbar. Tags arbeiten sieben, nachts besetzen drei Kollegen die Telefonhotline“. Alle Mitarbeiter sind speziell geschult und hochqualifiziert. Eine Ausbildung als Rettungsassistent oder der mittlere feuertechnische Dienst mit jeweils mehrjähriger praktischer Erfahrung, verschiedene Fach- und Spezialausbildungen, sowie regelmäßige EDV-technische Weiterbildungen sind Grundlage für diese verantwortungsvolle Tätigkeit.

Nach den theoretischen Erläuterungen von Roland Kocher übernimmt Tanja Lutz, Gemeinderätin der Freien Wähler Marbach und hauptamtlich angestellte Disponentin in der Leitstelle, die Führung durch die Leitstelle, die Administrator- und Schulungsräume, den „Hangar“ mit den rotleuchtenden und blitzblankgeputzten Feuerwehrautos sowie durch die vielen technischen Nebenräume.

„Weitere sechs Notrufabfrageplätze befinden sich in einem separaten Raum nebenan, um bei einer Gefahrenlage die eingehenden Telefonate auslagern zu können, damit in der Leitstelle ungestört gearbeitet werden kann. Wir sind ein gut eingespieltes Team“, so Lutz. „Wir können uns aufeinander verlassen, sind aber manchmal an der Grenze unserer Belastbarkeit. Die Kollegen und ich arbeiten im Drei-Schicht-Betrieb mit vielen zusätzlichen Überstunden. Wir würden uns Unterstützung durch weitere Kollegen wünschen.“

In den Kellerräumen der Feuerwache angekommen, erleben die Freien Wähler Marbach den Ablauf eines Atemschutzübungsabends mit. In voller Montur, ausgestattet mit Schutzanzug, Atemschutzmaske sowie schwerem Atemschutzgerät müssen die Feuerwehrleute eine Endlosleiter hochklettern, auf dem Laufband zwei Minuten bei sechs Stundenkilometern absolvieren, anschließend aus einem mit Disconebel versehenen und 40 Grad heißen Raum einen Verletzten bergen, durch einen „Hamsterkäfig“ krabbeln – das alles untermalt mit ohrenbetäubend lauten Geräuschen von zusammenstürzenden Gebäuden und Hilfeschreien, damit das Szenario des Feuerwehreinsatzes möglichst lebensnah abgebildet wird. „Zwischen 550 und 600 aktive Feuerwehrleute aus der Umgebung müssen den Durchgang durch die Atemschutzübungsstrecke jedes Jahr absolvieren, um fit für den Ernstfall zu sein“, erzählt Tanja Lutz.

Noch so manches interessante Detail über die Arbeit der Feuerwehr und die Abläufe in der Rettungsleitstelle erfuhren die Freien Wähler beim abschließenden Ausklang im Nebenraum des Restaurants Goldener Löwe in Marbach.