Seit dem Frühjahr ist die Tribüne im Wasenstadion bereits gesperrt – und aller Voraussicht nach wird sich daran auch in der neuen Saison nichts ändern Foto: avanti

Der Sitzplatzbereich des Wasenstadions ist seit Februar nicht nutzbar. Verein, Stadt und Firma sind sich nicht einig. Sogar ein Gerichtsverfahren läuft.

Freiberg - Die Situation um die Sitzplatztribüne des Wasenstadions in Freiberg ist verzwickt. Seit Ende Februar ist der Bereich für Zuschauer gesperrt, ein Bauzaun verhindert den Zugang. Ursache sind mehrere Sicherheitsmängel an den neu angebrachten Sitzreihen, wie es in einem 80-seitigen TÜV-Gutachten heißt. Eine Lösung ist nicht in Sicht: Voraussichtlich wird der Oberliga-Aufsteiger SGV Freiberg auch in der nächsten Saison keine Sitzplatzkarten verkaufen können.

Grund dafür sind zu geringe Abstände zwischen den VIP-Sitzreihen sowie eine laut Stadtverwaltung mangelhafte Unterkonstruktion an den weiteren Sitzplätzen. Schrauben stünden hervor, Schweißnähte seien gerissen und Kunststoff-Sitzschalen gesplittert, erklärt Stefan Kegreiß, Erster Beigeordneter der Stadt Freiberg. „Als Eigentümer der Tribüne haften wir, wenn etwas passiert.“ Also sah sich die Stadt gezwungen, die Tribüne zu sperren.

Seitdem besteht eine Pattsituation, wie Emir Cerkez, Präsident des SGV Freiberg, es nennt. Verein, Stadt und die Baufirma konnten sich nicht einigen, wie es weitergeht. Fakt ist: Als die Mängel zur Sprache kamen, verweigerte der SGV der Firma die weitere Zahlung. 50 000 Euro hatte der Klub laut Cerkez bis dato investiert, 15 000 stehen aus. Daraufhin verklagte die Firma den SGV – das Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart ist noch nicht gefallen.

Bei der Verhandlung im März kam ein Vergleich zwischen den drei Parteien trotz mehrstündiger Gespräche nicht zustande. Eine vermeintliche Lösung widerrief die Firma später. Inzwischen wechselte zudem die Richterin ihre Stelle, der Nachfolger wird sich in das laufende Verfahren also einarbeiten müssen. „Wird auch vom Gericht ein Gutachter eingeschaltet, kann das zwei bis drei Jahre dauern“, befürchtet Emir Cerkez. Das bereits bestehende TÜV-Gutachten war im November 2016 unabhängig davon von der Stadtverwaltung in Auftrag gegeben worden.Vereinspräsident Cerkez hofft weiterhin auf eine schnelle, außergerichtliche Lösung, wie er betont: ohne Streit. Er ist nicht etwa sauer auf die Firma, da diese die Mängel nun beseitigen wolle, sondern auf die Stadt, die zuletzt nicht tätig geworden sei. „Sie lässt uns im Unklaren darüber, wie es weitergehen wird. Die Situation ist untragbar“, las dazu auch der sportliche Leiter Dieter Gerstung beim letzten Saisonspiel öffentlich vor. Im Verein sei man ratlos. „Ich fordere die Stadtverwaltung hiermit öffentlich dazu auf, sich mit uns an einen Tisch zu setzen, um auf fairer Basis eine Lösung zu finden“, betont Emir Cerkez im Gespräch mit der Marbacher Zeitung. Er sei sich sicher, dass die Firma die Mängel beseitigen will. Die Stadt aber warte das Gerichtsverfahren ab, da sie sonst bereits entstandene Mehrkosten in Höhe von 20 000 bis 30 000 Euro zu tragen hätte, so seine Vermutung.

Die Stadt ist da laut Stefan Kegreiß ganz anderer Meinung: „Wir sind keinesfalls untätig, und unseren Anwalt haben wir beauftragt, sich mit dem Anwalt des Vereins in Verbindung zu setzen.“ Für die Stadt sei klar wie das Urteil ausfallen wird. „Die Firma hat mangelhaft gearbeitet und keinen Anspruch auf die ausstehende Zahlung“, so Kegreiß. Auch die Richterin habe sich diesbezüglich „ungewohnt deutlich“ geäußert. Zudem gehe es eben um Steuergeld. Die Firma müsse also nachbessern.

Kegreiß sieht zudem den Verein am Zug: „Er müsste gegen die Firma klagen“ Auch dieser Weg wäre ein langer. Und auch das ausstehende Gerichtsurteil ist ja nur ein Teil des Ganzen. Denn separat muss geklärt werden, wie die Tribüne auf Vordermann gebracht wird. Vorübergehend könnten die Holzbänke wieder angebracht werden, schlägt Kegreiß vor. Gehören die neuen Sitze nun aber dem Verein oder der Firma?An eine Lösung bis Ligastart glauben Stadt und Verein kaum mehr. Die Situation sei unschön, betonen beide. Cerkez spricht gar von einer „Katastrophe“. Denn der SGV konnte zuletzt keine VIP- und Sitzplatzkarten verkaufen und ist damit der große Verlierer des Disputs. Einen Dauerkartenverkauf für die neue Runde gibt es für die Tribüne nicht. „Der Schaden, der dem SGV seit der Sperrung entstanden ist, liegt im fünfstelligen Bereich und würde in der neuen Saison sechsstellig werden“, so Cerkez.

Zumindest der Ligabetrieb der Fußballer ist nicht in Gefahr: In der Oberliga gebe es laut Cerkez keine Auflage für eine Mindestanzahl an Sitzplätzen.