Foto: Avanti

Die Freiberg Taipans betreiben seit einiger Zeit einen hierzulande eher exotischen Sport: Australian Football.

Freiberg - Wenn die Taipans sonntags auf dem Rasenplatz bei der Freiberger Wasenhalle passen, tackeln und kicken, geschieht das eigentlich nie unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Ein paar verwunderte Passanten bleiben immer hängen, um die jungen Männer beim Training zu beobachten. Was wohl daran liegt, dass die Taipans sich einem hierzulande durchaus exotischen Sport verschrieben haben: dem Australian Football. Eventuell spekulieren die Kiebitze dann auch auf die eine oder andere Attacke der etwas groberen Art. Schließlich ist das Spiel aus Down Under in unseren Gefilden eher als Knochenbrecher-Spektakel verschrien. Doch derartige Zaungäste werden bei den Taipans enttäuscht. „In Deutschland sind alle nur daran interessiert, diesen Sport voranzutreiben“, betont der Schatzmeister Paul Titze. Bei seinem Club habe es jedenfalls in den vergangenen drei Jahren keine größeren Verletzungen gegeben. Krachende Fäuste und fliegende Zähne wird man also in einem Australian-Football-Entwicklungsland wie Deutschland eher seltener sehen. Wobei solche Ausraster im Mutterland des Sports auch mit drakonischen Strafen geahndet werden.

Doch klar dürfte auch sein: Für Zartbesaitete ist dieses Spiel nicht erfunden worden. Hier und da einen kleineren blauen Fleck muss man schon einkalkulieren. Immerhin versucht man, den Gegner zu Fall zu bringen, um ihm das Ei abzuluchsen. „Aber man weiß ja vorher, ob man Schach oder Fußball spielt“, sagt Paul Titze mit einem Schmunzeln.

Der 22-Jährige aus Benningen ist wie im Grunde jeder Taipan über Freunde oder die Familie zu der Mannschaft gestoßen, die schon seit drei Jahren zusammen trainiert, sich aber erst vor kurzem zu einem eingetragenen Verein formierte. Im Fall von Paul Titze spielte sein ehemaliger Klassenkamerad Kevin Kilger die entscheidende Rolle. Der 22-jährige Steinheimer Kilger hat aber nicht nur seinen Kumpel Paul Titze mit dem Australian-Football-Virus infiziert. Vielmehr ist es sogar so, dass es die Taipans ohne den jungen Mann aus der Urmenschstadt vermutlich gar nicht geben würde. Kevin Kilger war zuvor bei den Stuttgart Emus am Start. Ebenso wie Chris Robertson, der Mann seiner Cousine. Seines Zeichens ein waschechter Australier. „Der Weg nach Stuttgart war uns zu weit. Außerdem wollten wir eigene Ideen verwirklichen“, erklärt Kevin Kilger. Genau das machten sie dann in Freiberg.

Die Truppe besteht aus 20 bis 25 Mann. Der Jüngste hat gerade das Erwachsenenalter erreicht, der Älteste ist Chris Robertson, ein Endzwanziger. Es hat sogar einmal eine junge Frau mitgemischt, die sich zuletzt aber nicht mehr im Training blicken ließ. Die allermeisten Spieler kommen aus dem Kreis Ludwigsburg. Wie Simon Aßmus, der so etwas wie der Star der Mannschaft ist. Der 24-Jährige hat es bis in die Nationalmannschaft geschafft und seine Landesfarben bei der Europameisterschaft in London vertreten. Allerdings: Träume in Richtung der australischen Profiliga blühen hier bei keinem. Den Jungs, die in Freiberg über den Platz jagen, geht es um die Freude an dem ausgefallenen Spiel. Und um die Kameradschaft. „Teamfähigkeit und Geselligkeit sind bei uns wichtig“, erklärt Paul Titze. Ansonsten müsse man im Grunde keine besonderen Talente mitbringen, um diesen Sport auszuüben. „Es ist egal, ob jemand dick oder dünn, groß oder klein ist. Es gibt für jeden eine Position. Und alles lässt sich trainieren“, sagt Simon Aßmus.

Die Faszination am Australian Football liegt für ihn darin, dass es „ein sehr komplexer Sport ist. Es ist körperlich sehr anstrengend, man muss extrem viel laufen, braucht viel Ballgefühl und Ausdauer.“ „Es gibt auch eine große strategische Ebene“, fügt Paul Titze hinzu. Die taktischen Kniffs werden dem Team von Coach Chris Robertson und seinem Co-Trainer Kevin Kilger vermittelt. Für Außenstehende sind die strategischen Manöver indes nur schwer zu dechiffrieren. Besser zu durchschauen ist, wie Punkte erzielt werden. Wer den Football durch die beiden mittleren Torstangen kickt, wird mit sechs Punkten belohnt. Jeweils einen Zähler erhält, wer das Spielgerät durch die beiden äußeren Tore bugsiert oder den Pfosten trifft. Gepasst wird mit dem Fuß oder per Schlag mit der Hand. Mit dem Ball in der Hand darf man maximal 15 Meter laufen, dann muss das Ei den Boden berühren.

Obwohl das Interesse an diesem Sport in hiesigen Gefilden überschaubar ist, wird eine Deutsche Meisterschaft ausgespielt. Sechs Mannschaften machen momentan in einer Liga den Titelträger unter sich aus. „Der Modus wird aber überarbeitet“, berichtet Paul Titze. Beim nächsten Mal sei neben dem eigenen Team auch eine Mannschaft aus Dresden mit von der Partie. Unter all den Konkurrenten werden die Freiberg Taipans eine gewisse Sonderrolle einnehmen. Zum einen als Team, das nicht in einer Großstadt beheimatet ist. Zum anderen als Truppe, in der nur ein Australier mitwirkt. Sonst sei die Amtssprache Englisch, stellen Paul Titze und Simon Aßmus fest. Wenn man so will, sind die Taipans also Exoten unter Exoten. Kein Wunder, dass das die Blicke von Passanten auf sich zieht.