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Hans Dietl hat durch die Georgs-Kirche geführt. Rund 150 Personen waren gekommen, um etwas über die Geschichte des Schnitzaltars zu erfahren.

Steinheim-Kleinbottwar - In Verbindung mit einem nachweihnachtlichen Kaffeemittag wurde von der Evangelischen Kirchengemeinde und dem Heimatpfleger Hans Dietl zu einer speziellen Führung in die Georgs-Kirche eingeladen. Das Interesse war außergewöhnlich. Rund 150 Personen fanden sich ein, um die spezielle Vorstellung des Schnitzaltars von Hans Leinberger und besonders das im Altar befindliche Weihnachtsbild näher kennen zu lernen. Heimatpfleger Hans Dietl ging zunächst auf den bayerischen Einfluss diverser Details an und in der Kirche ein. Der Flügelaltar war schon oft Anlass zu Spekulationen über Herstellungszeit und Meister, er beeindruckt jeden Besucher.

Auf dem Unterschrank bildet die Predella den Übergang zum Flügelaltar. In der Predella ist in der Mitte die Szene der Anna selbdritt, eingerahmt von gemalten Landschaften und davor die Personen Dietrich und Eitelhans von Plieningen mit ihren Frauen als Stifter. Die in der Regel geschlossenen Flügel zeigen auf der Außenseite die vier Stationen des Martyriums des Heiligen Georgs. Zur Führung wurden die Flügel – wie an Feiertagen auch – geöffnet und der Eindruck war überraschend: So eine Anlage für wenige hundert Einwohner in damaliger Zeit. Zu sehen sind nun an den Innenseiten der Außenflügel aus Lindenholz geschnitzt: links das Martyrium der Heiligen Barbara und rechts das der Heiligen Katharina. Über der Predella, wie ein Sockel für die Maria, ist das Weihnachtsbild der Heiligen Familie. Darauf steht auf einer Mondsichel Maria mit dem Kind, flankiert links vom Patron der Kirche, dem Heiligen Georg und rechts vom Heiligen Eligius mit der zahmen Hirschkuh.

Die katholische Thematik der Entstehungszeit ist voll erhalten. Über den Flügeln im Gesprenge befindet sich der Heilige Christopherus, in der Mitte die Heilige Katharina mit Schwert und Krone und rechts der Heilige Otmar. Darüber ist in der Mitte ein Schmerzensmann und knapp unter dem Gewölbe eine nach vorne kommende Mittelfiale. Eine Besonderheit sind die wie für Wappen gestaltete Schildchen über den drei Figuren. Von links ist über dem Heiligen Christopherus ein „J“ erkennbar, über der Heiligen Kathrina ein „F“ und über dem Heiligen Otmar wurde ein „S“ oder Ähnliches gestaltet.

Im Jahr 2006 erkundigte sich Professor Dollinger aus Gräfelfing bei München beim damaligen Pfarrer Hörger und dem Heimatpfleger über alte Aufnahmen, Berichte, eventuelle Restaurierungen, Umstellungen und Vermessung über diesen Altar.

In der Mitte des 15. Jahrhunderts ist ein Aufenthalt der Familie von Plieningen im bayerischen Raum belegt und so wurde es Professor Dollinger möglich, Zusammenhänge zwischen Bayern und Kleinbottwar zu finden und zu erklären. Dietrich von Plieningen der Ältere war Vogt auf Burg Aislingen bei Burgau an der Donau. Dort sind auch seine vier Kinder geboren und dort schwängerte der Sohn Johannes, später Domherr in Worms und Propst von Mosbach und in Gesellschaft der Päpste erfahren, eine Frau und das Kind wird als Hans Leinberger erzogen. Dieser studierte in Ingolstadt an der Universität Theologie und Philosophie, geht anschließend nach Ulm in die Bildhauerfirma Michael Gregor, war am Blaubeurer Altar beschäftigt und dort mit so versierten Künstlern wie Zeitblom und Pilgrim im Umfeld. Die Elemente des Blaubeurer Altars sind auch in Kleinbottwar enthalten.

Der Heimatpfleger ging nun speziell auf das Weihnachtsbild ein, wo sich der Meister selbst darstellt. Der Entwurf für Altar und Fenster geht auf den Freund und acht Jahre älteren Kollegen, Hans Wertinger , zurück, der auch die Malereien gestaltet hat. Die Weihnachtsgeschichte wurde erst um 75 bis 85 nach der Zeitenwende aufgeschrieben und stellt nur Jesus, Ochs und Esel dar. Später kam Maria und noch später Josef dazu, das wäre die zweite Phase des Bildes. Die dritte Phase ist die Herstellung des Altars durch Hans Leinberger. Hans Dietl als Restaurator machte auf die in der Natur gegebenen Verhältnisse aufmerksam und spielte mit diesen harmonischen Teilungen oder Schwerpunkte und stellte fest, dass hier nichts dem Zufall überlassen war und alles seinen Platz hat.

Für eine solche Rekonstruktion ist die um 1300 entstandene Konstanzer Biblia pauperum, eine Armenbibel, als Vorlage für Gemälde und Texte für die Darstellung der Biblischen Geschichte für Analphabeten erhalten. Hans Leinberger hatte durch seine Geburt keine Möglichkeit zu öffentlichen Aufträgen oder die Aufnahme in eine Zunft. Leinberger wurde in der Kunstgeschichte in seiner Frühphase bisher verschwiegen und nur durch seinen Onkel und dessen Verbindung zu der Herzogenwitwe Kunigunde von Bayern, die Schwester Kaiser Maximilians, erhielt er den Auftrag für einen Altar in Loosburg und ist seither auch in der Kunstliteratur zu finden. Als erstes hat der Plieninger Sprössling für seine zwischenzeitlich in Kleinbottwar ansässige Familie im Jahre „5“ nach der Einweihung der Kirche im Jahre 1500 diesen „Familienaltar gestaltet.

Als Beispiel für den Farb- und Goldauftrag zeigte Hans Dietl noch eine Original Ölvergoldung.

Der Altar in Kleinbottwar ist einer von drei plastisch erhaltenen Flügelaltären im Kreis Ludwigsburg und in seiner Gestaltung ein Kleinod von besonderer Art. Die Zuhörer stellten im Anschluss auch noch viele Fragen.