Die Anwohner sehen in der Grünfläche einen Treffpunkt, der nicht für den Bau von Häusern verwendet werden sollte. Foto: Oliver von Schaewen

Die Gemeinde will einen alten Spielplatz in ein Baugrundstück umwidmen. Rund 80 Anwohner sprechen sich in einer Unterschriftenaktion gegen das Projekt aus.

Erdmannhausen - Vermutlich so viele Menschen wie noch nie bevölkern den alten Spielplatz. Es ist ein Donnerstag um 17.30 Uhr: Mehr als 20 Nachbarn aus dem Erdmannhäuser Ellenberg haben sich an der Ecke Amsel- und Finkenstraße eingefunden. Sie sind aufgebracht und können nicht verstehen, weshalb die Grünfläche mit vier 35 Jahre alten Linden verschwinden soll. „Bauplatz statt Grünfläche?“ sowie „Wir wollen gehört werden“ ist auf Transparenten zu lesen, die am Zaun angebracht worden sind.

Tatsächlich fühlen sich die Anwohner schlecht informiert. „Als ich davon morgens in der Zeitung las, bin ich fast vom Stuhl gefallen“, sagt Uwe Rapp. Auch andere Nachbarn sprechen von einem „plötzlichen Meinungsumschwung“ des Gemeinderats. Bei einer Begehung im März habe noch nichts darauf hingewiesen, dass die Grünfläche verschwinde, es sei nur vom Abbau des Spielplatzes die Rede gewesen, meint Rapp. Dann habe der Gemeinderat im Mai wohl in nicht-öffentlicher Sitzung die Wohnbebauung entschieden. Öffentlich wurde das Projekt in der Sitzung des Verwaltungs- und Technischen Ausschusses am Dienstag. Seitdem formiert sich der Widerstand. „Es haben hier fast alle dagegen unterschrieben“, erzählt Rapp, der von etwa 80  Unterschriften berichtet. Die Gegner hoffen, dass es sich der Gemeinderat am kommenden Donnerstag noch einmal anders überlegt.

Die Anwohner sehen ein, dass Wohnraum heute knapp ist, weisen aber auf die Bedeutung des Platzes am Eingangsdreieck des Viertels hin. „Man sollte nicht alles zubetonieren“, sagt Hildegard Hasenfuß. Es sei schließlich ein ganz kleines Grundstück. „Ältere Leute können sich dort treffen und miteinander reden“, sagt Gabriele Krause, die das Summen der Bienen und Junikäfer an den Linden bis in den Abend hinein hört. Ihr Vater Karl-Heinz Krause, der das Archiv der Gemeinde betreut, bringt die Idee ins Spiel, ein anlässlich des 1200-Jahr-Jubiläums der Gemeinde vorgesehenes Lapidarium mit Grenzsteinen auf dem Areal anzusiedeln.

Die Bürgermeisterin Birgit Hannemann sagte am Freitag, sie habe nicht damit gerechnet, „dass es derart konfliktreich würde“. Der Gemeinderatsbeschluss sei knapp gewesen, letztlich habe man sich der Aufgabe gestellt, angesichts der unübersehbar hohen Nachfrage bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Sie schloss zugleich aus, dass dort sozialer Wohnungsbau oder Flüchtlingsunterkünfte realisiert werden sollen. Für sie sei der Druck auf dem Wohnungsmarkt das entscheidende Argument, so Hannemann. „Wenn wir noch vorhandene Gemeindeflächen in Ellenberg III nehmen, um das Neubaugebiet zu arrondieren, landen wir auf der grünen Wiese – aber da sind die Naturschutzprobleme größer.“ Innenentwicklung gehe vor Außenentwicklung.

Dass die Nachfrage nach Wohnraum in der Region enorm groß sei, erkennt die Bürgermeisterin unter anderem daran, „dass ich seit Bekanntwerden des Beschlusses mindestens ebenso viele Anfragen zur Bebauung des Grundstückes bekomme wie empörte Rückmeldungen über die Aufgabe der Grünfläche“.

Die Idee für eine Bebauung sei während der Begehung im März geäußert worden. Dem sei die Verwaltung mit dem Gemeinderat nachgegangen. „Es ist keine Hoppla-Hopp-Entscheidung“, verteidigt die Rathaus-Chefin den Plan. Schließlich habe bereits die Spielplatz-Kommission vor einigen Jahren empfohlen, auf ihn zu verzichten, wenn im Neubaugebiet Ellenberg III in der Nähe ein größerer Spielplatz entstehe, zumal auf dem an der Ecke Amsel- und Finkenstraße wenig Publikum verkehrte.

Zum Vorwurf der fehlenden Kommunikation mit den Nachbarn verweist die Bürgermeisterin auf das laufende Verfahren zur Änderung des Bebauungsplans. „Die Nachbarn können sich vorab und während des Verfahrens äußern und auch zur Gemeinderatssitzung kommen, in der der Aufstellungsbeschluss gefasst werden soll.“ Es erstaune sie, dass der Plan für ein Lapidarium auf dem Grundstück ausgerechnet jetzt geäußert werde. Dieselben Nachbarn, die jetzt gegen die Bebauung seien, hätten ihr gegenüber Bedenken geäußert, dass ihre Nachtruhe durch einen möglichen längeren Aufenthalt abends auf der Grünfläche gestört werden könnte.