Foto: Kuhnle

Die Berliner Compagnie hat in der Halle auf der Schray einen nahezu perfekten Auftritt hingelegt. Kritische Töne durchziehen die Show, im Fadenkreuz stehen Lobbyisten.

Erdmannhausen - Ein Theater über Begriffe wie Freihandelsabkommen, Folgenabschätzung, Strategiepapier, ohne darum drapierte Liebesdramen und anderes zwischenmenschliche Theater? Kann das funktionieren? Es kann, wenn es von so einer Supertruppe gespielt wird, als die sich die Berliner Compagnie am Dienstagabend präsentierte. Eingeladen hatte der Verein für gentechnikfreie Landkreise Ludwigsburg-Rems-Murr.

Zugegeben: Leichte Kost war es nicht. Es brauchte große Konzentration, dem sehr textlastigen Stück zu folgen, all den rasant gesprochenen Telefonaten, Diskussionen und Verhandlungen der Kollegen aus der Lobbyagentur Utterly & Quiet. Und doch waren viele der 250 Zuschauer verblüfft, als nach dem begeisterten Schlussapplaus fast zwei Stunden ohne Pause und ohne Kostüm- und Kulissenwechsel vorbeigegangen waren. So lang erschien die Zeit einem gar nicht.

Das lag in erster Linie an dem unglaublich prononcierten, engagierten, professionellen Auftritt der Akteure unter der Regie von Elke Schuster (Rondo Beat, Helma Fries, Jean-Theo Jost, Natascha Menzel, Angelika Warning, Dimo Wendt). Da saß jedes Wort, jede hochgezogene Braue, jedes schiefe Lächeln. In businessgrauen Anzügen und Kostümen, mit Krawatten und Halsketten in irgendwie unrechtmäßig glänzendem Gold, warfen sie sich die Stichworte rund um die Agrar- und Rüstungspolitik zu.

Außer dem Verschieben der Stühle, den einzigen greifbaren Requisiten, dienten großwandige Videoeinblendungen der Strukturierung der komplexen Materie. So wurden Führer aus Indien und Pakistan nach TV-Art zugeschaltet und gefragt, ob die Waffen gut angekommen sind. Im Hintergrund brach ein Gebäude zusammen.

Für Erholung zwischendurch sorgten die von Elke Schuster getexteten, vom Ensemble brillant präsentierten Lieder. Und schließlich hatte Stückschreiber Helma Fries mal mehr, mal weniger galligen Humor in die Texte gepackt. „Frag einfach: Wenn man Tiere nicht essen soll, warum sind sie dann aus Fleisch?“ lautete der Kollegenrat bei einer Argumentationsübung in Vorbereitung auf eine Talkshow.

Dagegen hatte die Kollegin mit einer „vorübergehenden Schwäche“ keine Chance, als sie weltweit verbreitete Krankheiten aufgrund hohen Tierproteinkonsums, die Selbstmordrate der von Gensaat abhängig gemachten indischen Bauern und anderes ins Feld führte.

Nicht nur dem wissenschaftlichen Berater, der darauf pochte, neutral zu sein, sollte eine Lektion erteilt werden: „Arbeite daran, deinen Abgeordneten zu lieben“, wurde dem Professor eingeimpft. Er solle ihm das Gefühl von Wichtigkeit geben und dann „in ihm den Willen aktivieren, etwas für dich zu tun“. Ein weiteres „Gebot“ des Lobbyismus: „Wiederhole deine Wahrheit gebetsmühlenartig, dann wird sie wahr werden.“

Geholfen hat per Videokonferenz auch das Einreden auf die EU-Kommissarin mit Hilfe amerikanischer Freunde: „Schluss mit quälend langen Verfahren, Anhebung der Pestizid-Grenzwerte“ und überhaupt: „Diese verkrampften Europäer und der ganze übertriebene Klimaschutz.“

„Wenn ihr uns nicht stoppt, machen wir weiter“, lautete der Schlussappell der selbstkritisch gewordenen Lobbyisten. Danach gab es an verschiedenen Ständen jede Menge Informationsmaterial.