Franz Pilhartz (vorne, Mitte) hat getestet, wie schwierig es ist, sich nur mit dem Stock zurechtzufinden. Foto: Sandra Brock

Wenn Volker Imhof zu Fuß unterwegs ist, stößt er auf viele Hindernisse. Auch in seinem Heimatort Erdmannhausen. Denn Imhof ist sehbehindert und ertastet sich seinen Weg mit dem Blindenstock. Deswegen wollen der Gemeinderat und die Verwaltung jetzt Überwege und Haltestellen für Geh- und Sehbehinderte ausstatten.

Erdmannhausen - Wenn Volker Imhof zu Fuß unterwegs ist, stößt er auf viele Hindernisse. Auch in seinem Heimatort Erdmannhausen. Imhof ist sehbehindert und ertastet sich seinen Weg mit dem Blindenstock. Doch auch, wenn er in seinem gewohnten Umfeld die Wege und Gegebenheiten kennt, heißt das nicht, dass es überall einfach wäre, sich zu orientieren.

Ein Beispiel ist die Bushaltestelle Affalterbacher Straße. „Hier gibt es keine Orientierung für mich“, erklärte Imhof am Donnerstag den Gemeinderäten beim Ortstermin des Verwaltungs- und Technischen Ausschusses. Um den Überweg zu finden, suche er zunächst den Laternenpfahl, drehe sich dann um und laufe drei Schritte zurück. „Dann müsste ich die Mittelinsel treffen“, sagt er. Weil an der Stelle zudem immer viel Verkehr sei, müsse er besonders auf die Geräusche achten. „Wenn ich auf der anderen Straßenseite bin, bin ich glücklich, dass ich es geschafft habe.“

Die Gemeinde Erdmannhausen hat derzeit ein Blindenleitsystem sowie barrierefreie Straßenübergänge auf der Tagesordnung stehen. Deshalb auch die kleine Rundfahrt durch den Flecken am Donnerstag, bei der sich Räte und Verwaltung die Situation an einigen Stellen ansahen.

An der Ecke Bahnhofstraße/Badstraße gab es zudem ein Praxisbeispiel von Volker Imhof, der auch für die Grünen im Gemeinderat sitzt. Er hatte eigens einen zweiten Blindenstock mitgebracht. Der Freie-Wähler-Gemeinderat Franz Pilhartz, Hans-Georg Götz (SPD) und der Kämmerer Eberhard Immel wagten die Herausforderung. Mit geschlossenen Augen und nur dem Stock als Hilfe probierten sie die Querung des Überwegs über die Badstraße mit der dortigen Mittelinsel. Kein leichtes Unterfangen. Auch für Volker Imhof nicht. Er bat, den Übergang mit in das Programm der Gemeinde aufzunehmen, denn „hier hat man keine saubere Möglichkeit, sich auszurichten. Ich bin hier schon aus Versehen in allen möglichen Straßen gelandet.“

Auch ein so genanntes Aufmerksamkeitsfeld am Zebrastreifen ein Stück weiter die Bahnhofstraße hinunter ist Imhof ein Anliegen. Dass dort ein Übergang ist, kann ein Sehbehinderter nämlich sonst gar nicht bemerken. Das sei aber ohnehin in dem von der Gemeinde geschnürten Programm enthalten, erklärte die Bürgermeisterin Birgit Hannemann. Die Verwaltung schlägt zudem vor, die Bereiche Bahnhofstraße/Kirchberger Straße sowie Bahnhofstraße/Pflasterstraße mit einem Leitsystem für Blinde zu versehen. Dabei favorisiert sie aufgeklebte Kaltplastiken, so wäre kein Eingriff in die Gehwege nötig. Diese Variante wäre auch ganz im Sinne des Experten auf dem Gebiet, Volker Imhof. „Die Noppen und Linien aus Plastik sind deutlich besser zu ertasten“, lautet seine Erfahrung. Beispielsweise ist ein solches Leitsystem vor nicht allzu langer Zeit am Marbacher Bahnhof aufgeklebt worden (wir berichteten).

Während die Gemeinde Erdmannhausen die drei Bereiche an der Bahnhofstraße zügig mit dem Blindenleitsystem ausstatten möchte, müssen zwei weitere Ideen wohl noch warten. Das wäre zum einen die Bushaltestelle an der Affalterbacher Straße. Hier muss zunächst eine Entscheidung fallen, ob auch die Bushaltestelle selbst umgebaut werden soll. Zum anderen handelt es sich um die ehemalige Waage, an der Ecke Marbacher Straße/Gartenstraße. Auch hier ist wegen des dortigen Pflasterbelags ein Leitsystem nicht von heute auf morgen zu installieren. Das letzte Wort in Sachen Blindenleitsystem hat der Gesamtgemeinderat in seiner Sitzung am 11. Mai. Der Verwaltungs- und Technische Ausschuss votierte schon einmal einstimmig für die Pläne. (Siehe Kommentar)