Nicht zu fest und nicht zu locker, der Zopf ist entscheidend für das Aussehen. Foto:  


Ohne die essbaren Glücksbringer wäre für viele Menschen der Wechsel ins neue Jahr nur halb so schön.

Erdmannhausen -

Souveräne Betriebsamkeit herrscht in der Backstube von Familie Glock. Die Erdmannhäuser Bäckerei ist in der Vorbereitung für das Silvestergeschäft, denn über den Jahreswechsel hinweg stehen vor allem die Neujahrsbrezeln bei den Kunden hoch im Kurs. Was die Verkaufs-Mengen anbetrifft, konkurriert lediglich der Baguette-Teig am Silvestertag mit den wesentlich fettreicheren Brezeln.

Beide Teigarten werden kraftvoll in den Knetmaschinen bewegt. Doch optisch schneiden die später hübsch geflochtenen Brezeln viel besser ab. „Früher haben wir die noch anders gemacht“, erinnert sich Seniorchef Karl-Heinz Glock. Da nämlich wurde die Brezel mit dem Flechtwerk garniert. „Doch die oben aufgesetzte Garnitur ist oft verrutscht“, weiß der Fachmann, dessen Betrieb seit über 60 Jahren in der Gemeinde besteht und den er vom Vater übernommen hat. Genauso viele Jahre schon werden regelmäßig zur Silvesterzeit die Neujahrsbrezeln gebacken. Mit der veränderten Methode, drei lange Teig-Stränge zu einem ganzen Zopf zu flechten, ist die Neujahrsbrezel nun schneller gemacht.

Flott geht es den beiden Söhnen Alexander und Heiko Glock von der Hand, wenn der geschmeidige Teig zur süßen Traditionsbrezel verarbeitet wird. Ein richtiges Schwergewicht ist sie: Rund 1200 Gramm bringt das gebackene Stück auf die Waage. Jeder einzelne der drei Stränge, die als Teigklumpen in die Ausrollmaschine gegeben werden, um schließlich als Rolle herauskommen, wiegt 420 Gramm. Die kleinere Schwester bringt es auf 210 Gramm je Strang.

An Rapunzels Zopf erinnert der etwa ein Meter lange, geflochtene Teig, bei dem nur das innere Drittel als Flechtwerk bestehen bleibt. Die äußeren Zipfel werden wieder glatt gerollt, um sie zur Brezel schlingen zu können. Gut zehn Liter Milch bilden die Grundlage für das Basisrezept, das solange von Neuem geknetet wird, wie die süßlich schmeckenden Brezeln von den Kunden nachgefragt werden. Rund 450 große und kleine Exemplare gehen zu Silvester über den Ladentisch, zeigt die Erfahrung. „Die viele Butter macht es, dass die Brezel auch länger als einen Tag lang gut schmeckt“, erklärt Alexander Glock. Wäre sie aus dem herkömmlichen, gelaugten Brezelteig, sähe die Sache bestimmt anders aus, denn immerhin besteht das geflochtene Backwerk zu etwa einem Viertel aus Butter. Die Erdmannhäuser Bäckerfamilie ist der traditionellen Rezeptur stets treu geblieben. Dinkel etwa oder andere Spielarten kommen bei der Glock´schen Neujahrsbrezel nicht vor. Und auch kein Vollkorn. „Man isst ja eh nicht ganz so gesund an dem Tag“ sagt der Bäcker augenzwinkernd.

Mehl, Backmalz, Zucker und Salz sowie Butter und Hefe werden zusammen mit der Milch in den Teig gegeben, der in der rund 40 Kilogramm fassenden Knetmaschine zu einem geschmeidigen Gemenge verarbeitet wird. Zehn Minuten ruht der Teig, bevor die einzelnen Teigstücke abgewogen und zu den Rollen verarbeitet werden. Der Bäcker streut mit einem lässigen Schwung aus dem Handgelenk noch etwas Roggenmehl über die Rollen. „So kommt Feuchtigkeit in die Flechtung und das Backwerk reißt nachher noch besser auf.“ In der Luft geschwungen wie eine Laugenbrezel wird das gelegte Exemplar nicht. Dafür ist sie zu schwer. Allerdings wird sie zweimal mit verquirltem Ei bestrichen: einmal bevor sie in den Garraum kommt, wo sie für eine gute halbe Stunde liegt; das zweite Mal danach. Der entsprechend temperierte Garraum hilft dem Teig, besser zu gehen. Dann stehen die Brezeln noch einmal in der Backstube ab, „um hautig zu werden“. Eine knappe halbe Stunde und 200 Grad Ofentemperatur braucht es, um das Backstück schließlich in eine herrlich duftende Neujahrsbrezel zu verwandeln.

Winfried Wagenblast gehört in der Backstube bereits „zum Inventar“. Er ist es auch, der die Backöfen betreut. Zwischendurch greift er zum großen Sauger, um die Öfen etwa von Salzkrümeln und Teigrückständen zu befreien. Wagenblasts Gesichtsausdruck nimmt leichte Verzückung an, wenn er die heißen Neujahrsbrezeln aus dem Ofen hebt und sie in den Regalen beherbergt, wo sie nicht allzu lange auf ihre Käufer warten. Immer wieder kommen die Mitarbeiter aus dem Verkaufsraum in die Backstube, um Nachschub für die im Laden appetitlich präsentierten Brezeln zu holen.

„Früher haben die Hausfrauen die Brezeln vielfach selber gebacken“, weiß Mutter und Seniorchefin Regina Glock. „Es ist ja auch kein Hexenwerk und einfacher als Hefezopf, weil der Teig nicht so super anspruchsvoll ist“, fügt Sohn Heiko hinzu.