Birgit Hannemann und Rainer Haas freuen sich mit Adelheid Schweigert (Mitte). Foto: Kuhnle

Adelheid Schweigert hilft seit mehr als 30 Jahren das Leid von Heimkindern aufzuarbeiten. Dafür hat sie das Bundesverdienstkreuz verliehen bekommen.

Erdmannhausen - Nicht vielen Menschen passiert es, dass sie für ihr Engagement mit einem Orden geehrt werden. Deshalb dürfte der Augenblick ihrer Auszeichnung für Adelheid Schweigert von großer Bedeutung gewesen sein. Die Erdmannhäuserin hat am Donnerstag das Bundesverdienstkreuz am Bande von Landrat Dr. Rainer Haas verliehen bekommen.

„Lediglich 0,3 Prozent aller Deutschen sind Träger dieses Ordens“, verkündete Bürgermeisterin Birgit Hannemann bei ihrer Begrüßung den zahlreich erschienenen Gästen. Freude und auch Stolz darüber, dass mit Adelheid Schweigert eine Bürgerin geehrt wird, die in ihrer Gemeinde lebt, waren nicht zu überhören. Launig und mit amüsanten Bonmots hielt die Amtschefin ihre Laudatio auf Schweigert, die „Großartiges für ihre Mitmenschen geleistet hat“. Und ein wenig Geschichtsunterricht gehörte dazu: Das Bundesverdienstkreuz wurde 1951 vom damaligen Bundespräsidenten Theodor Heuss gestiftet, um Menschen zu würdigen, die sich in besonderem Maße für den Wiederaufbau Deutschlands eingesetzt haben. Heutzutage wird der Orden für besondere Leistungen auf politischem, wirtschaftlichem, kulturellem, geistigem oder ehrenamtlichem Gebiet an verdiente Frauen und Männer verliehen.

Schweigerts persönliches Verdienst sei, dass sie Brücken gebaut und so geholfen habe, Leid zu verarbeiten, das die Pädagogik der damaligen Zeit hinterlassen hat, so die Bürgermeisterin weiter. „Sie haben über 30 Jahre hinweg eine Plattform geschaffen und dazu beigetragen, dass Erlebtes im gemeinsamen Gespräch verarbeitet werden kann und somit zur Versöhnung beider Seiten beigetragen.“

Landrat Haas zeichnete mit seinen Ausführungen ein Bild der Geehrten, die nach einer anfänglich unbeschwerten Kindheit, in den 60er Jahren schließlich selbst als Heimkind auf der Karlshöhe gelebt und somit Kenntnis über die damaligen Bedingungen und deren emotionalen Wirkung auf die Betroffenen habe. Er berichtete weiter, dass die junge Adelheid als „förderungswürdig auffiel“, der Realschulbesuch aber – und die dadurch erworbenen Impulse – Komplikationen nach sich gezogen hätten. Aus der an sich positiven Tatsache, dass Adelheid als erstes Heimkind dort die Mittelschule besuchen durfte, seien Probleme mit dem durchgeplanten Tagesablauf im Heim entstanden. Das Mädchen schließlich landete in der Isolation. „Doch Sie haben sich nicht in den Schmollwinkel zurückgezogen“, betonte Haas anerkennend und würdigte ihren Entschluss, die Erfahrungen mit anderen Betroffenen aufarbeiten zu wollen. „Sie haben mit großem persönlichen Einsatz zum Dialog zwischen den ehemaligen Heimkindern und der Karlshöhe beigetragen“, meinte Haas.

Feierlich und würdevoll begleitete ein Flötenquintett der PH Ludwigsburg die Zeremonie. Unter der Leitung der Erdmannhäuser Konzert-Flötistin Heidrun Bauer-Laukemann, überzeugten die Querflötistinnen mit herausragenden und geschmeidig-intensiven Interpretationen von Werken Boismortiers, Jean Philippe Rameaus sowie ausdrucksstarken Filmmusiktiteln.

Die Geehrte selbst versuchte mit einer feinfühligen Sensibilisierung ihr Auditorium mit den damaligen Emotionen in Berührung zu bringen und verdeutlichte so, wie das Erlebte bis heute nachwirkt. Mit leiser Empörung teilte sie ihre Wut darüber mit, dass Menschen fähig seien, anderen weiszumachen, deren Erlebnisse hätten nie stattgefunden. „Oder noch anmaßender: So können Sie gar nicht gefühlt haben!“

Sie sprach von den „ungelösten Themen, die Chancen in der Zukunft nachhaltig verbauen können“ und von den belastenden Gedanken der Kinder, „die immer sich die Schuld geben“. Ihr Engagement fasste sie so zusammen: „Es war der Mut über Missstände zu reden, über die keiner etwas wissen wollte.“