Surreale Alpträume und sphärische Klänge verleihen dem „Krabat“ des Theaterhaufen Bottwar eine düstere Note – kein Stück für Kinder. Foto: Raubold Photographie

Die Proben des Theaterhaufens Bottwar für ihr neues Stück „Krabat“ laufen auf Hochtouren.

Steinheim-Kleinbottwar - Kämpft mal dafür, nicht zu sterben“, ruft Philipp Wolpert. Es braucht mehr Emotionen, mehr Ausdruck. Der Jungregisseur hat ein genaues Auge auf das, was seine Schauspieler da tun. Denn im September der Theaterhaufen Bottwar die Premiere des neuen Stücks „Krabat“. Und bis dahin soll jede Geste, jeder Blick perfekt sitzen. Sein „geordnetes Durcheinander“ hat der 19-jährige Regisseur dabei fest im Griff. Das wird sofort klar, wenn man die Proben in der alten Gutskelter beobachtet.

Das ist keine Selbstverständlichkeit, wenn man bedenkt, dass die 25 Akteure der Produktion zum ersten Mal in dieser Form zusammenarbeiten. Im Vorfeld der Proben hatte es mehrere Castings gegeben. Jede Rolle sollte perfekt besetzt werden. „Da hat jeder wen angeschleppt“, erzählt Barbara Layer, die Vorsitzende des Theaterhaufens. Von Leingarten bis Ilsfeld und Beilstein. „Es ist Wahnsinn, welche Strecken in Kauf genommen werden“, so Regisseur Wolpert. Schließlich wird jede Woche mehrere Male geprobt. Aber das sei ja auch „aufbauende Freizeit, die zusammenschweißt“, so Layer.

Einige der Mitwirkenden übernehmen dabei mehrere Aufgaben, wie etwa Steffen Elzenbeck, der mit seiner Band Batterien Gottes für die Musik sorgt. „Eine Mischung aus Elektro, Synthesizern und serbischer Folklore“, beschreibt Philipp Wolpert das Ergebnis. Im Tonstudio sei man ebenfalls gewesen um Soundeffekte für das Stück zu produzieren. „Am Besten ich zeige einfach mal was“, meint Wolpert und startet die Tonanlage. Tiefes Atmen füllt daraufhin die alte Gutskelter und lässt es einem kalt den Rücken hinunterlaufen. Dazu erhebt sich die Stimme des Meisters und fordert Gehorsam. Die Version des Theaterhaufens von „Krabat“ basiert zwar auf dem Jugendbuch von Ottfried Preußler, hat aber einen erwachsenen Anstrich bekommen.

„Es ist so ab 14 Jahren geeignet“, meint der Regisseur. „Aber das passt, denn ,Krabat` ist eine ernste Geschichte.“ Preußler habe so seine Erfahrungen aus dem Dritten Reich verarbeitet und auch heute seien die Themen aktuell, erklärt Wolpert und hängt ein Zitat von Brecht an: „Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral.“

Bei diesen düsteren Themen kommt ein ironischer Kommentar von einem der Schauspieler hinter der Bühne recht: „Ich hasse Hosen ohne Taschen.“ Man merkt schnell, dass hier ein herzlicher Ton und gute Laune an der Tagesordnung sind. Da werden Chips verteilt, Versprecher belacht und eine der „körperlosen Stimmen“ legt ein flottes Tänzchen mit Krabat, alias Jan Schneider, auf das Parkett. Die Titelrolle ist die erste „richtig große Rolle“ des Schülers. Er war von Barbara Layer entdeckt worden, als er am Beilsteiner Herzog-Christoph-Gymnasium in „Die Physiker“ mitwirkte.

Bei „Krabat“ sollte er zunächst nur eine Nebenrolle spielen. Doch dann sprang der eigentliche Hauptdarsteller ab. Dadurch hatten ihm einige Proben in seiner neuen Rolle gefehlt. „Ich merke schon dass die Hauptrolle anspruchsvoller ist“, erzählt der 17-Jährige. Aber dank intensiver Lektüre des Drehbuchs überbrückte er das. Für die nötigen Emotionen „orientiere ich mich an eigenen Erlebnissen“, verrät er. Ihm gefällt an Krabat besonders gut, dass die Figur im Laufe der Geschichte wächst. Für ihn sei es reizvoll diesen Wandel auf die Bühne zu bringen. Dass er Talent hat ist auch unübersehbar. Auf Kommando wälzt er sich mit schmerzverzerrtem Gesicht über den Boden – voller Einsatz eben.

Und das gilt für das ganze Ensemble. Ein Sprachchor wird dutzende Male eingeübt und Requisiten durch die Kelter geworfen. Selbst eine Mittelohrentzündung hält die Schauspieler nicht von der Probe ab. „Wir bauen das Ding jetzt zu Ende“ und „ich weiß, die Szene ist sauanstrengend“ gibt es vom Jungregisseur dazu immer wieder einen kleinen Motivationsschub, aber auch individuelle Kritik am Ende einer Szene. Bei den Beteiligten kommt das gut an. „Wir fiebern alle gemeinsam mit, ob am Ende alles klappt“, erklärt Barabara Layer. Dann ist wieder volle Konzentration von Nöten. Die Schlussszene muss sitzen. „Wie hält sich ein Paar fest?“, stellt Wolpert die Frage in die Runde. Denn auch die Akteure haben bei ihm ein Wörtchen mitzureden. „Philipp weiß was er will und er ist auch ein absoluter Perfektionist“, so die lobenden Worte von Barbara Layer. Und das kann neben Mimik und Gestik auch schon mal ein Sarg sein...wozu der wohl ist?