Nicht nur Rasen und ein Liegestuhl: Die Vereinsmitglieder sind auch angehalten, Obst und Gemüse in ihrem Garten anzubauen. Foto: Michael Raubold Photographie

Der Obst- und Gartenbauverein (OGV) verpachtet 50 Parzellen à drei Ar.

Marbach-Hörnle - Idyllisch ist’s, es riecht ein bisschen nach Regen. Ansonsten blickt es sich links und rechts des Weges in der Kleingartenanlage im Hörnle einfach nur in hübsche Gärten. 50 Parzellen sind es, die der Obst- und Gartenbauverein (OGV) Marbach hier verpachtet. Fast alle gleich in ihrem Schnitt – mit Häuschen drauf, aber ganz unterschiedlich angelegt.

In einem der Gärten steht ein großes Trampolin, ein anderer Hobby-Gärtner hat offenbar ein Faible für Rosen, ein weiteres Stückle mutet richtig mediterran an – und fast überall sieht man den grünen Daumen der Vereinsmitglieder. Läuft man mit dem Vorsitzenden des OGV, Jens Engewald, durch die Kleingartenanlage, wird viel geplauscht. „Hallo Doro“, ruft der Vereinschef in einen Garten.

Dort steht gerade Dorothea Schneider auf einer gepflegten Wiese mit Bienenhotel. Sie zupft ein paar Himbeeren. „Heute bin ich nur geschwind da“, sagt sie. Denn die süßen Früchtchen wollen geerntet werden. An anderen Tagen ist sie länger hier, schließlich gibt es auf dem Grundstück samt kleinem Gemüsebeet einiges zu tun. „Die Tomaten sind dieses Jahr nix geworden“, bedauert sie. Braunfäule. „Es war zu feucht“, sind sich Dorothea Schneider und Jens Engewald beim Gespräch am nicht vorhandenen Gartenzaun einig. Mit Pülverchen nachgeholfen wird aber nicht. Schließlich wolle man ohne die Chemiekeule auskommen. „Wir wollen das Gemüse ja auch selbst essen“, sagt Dorothea Schneider. „So, wie’s früher war“, ergänzt Jens Engewald. Das findet er besser. Nur: Es ist halt auch mehr Arbeit.

Seit den 1970er Jahren gibt es die Kleingartenanlage im Hörnle. Die 50 Parzellen messen jeweils drei Ar und haben ein Hüttchen auf dem Gelände stehen. Das große Plus: Es gibt Wasser und Strom. Das ist nicht in jeder Gartenanlage der Fall.

Vor Regen schützt das allerdings nicht. Jens Engewald bleibt unter einem Kirschbaum stehen, das schützt vor den ersten Tropfen. Und schnell entwickelt sich das nächste Gespräch. Diesmal kommt Savino Petruzzelli des Weges. „Er geht auch im Winter ernten“, sagt der OGV-Vorsitzende lachend. „Klar“, sagt Petruzzelli, der hier schon lang einen Garten hat. Rucola zum Beispiel wachse auch in der kühleren Jahreszeit. „Das, was natürlich ist“, sagt er wie selbstverständlich. Gerade hat er schwarzen Rettich für den Winter gepflanzt. „Und Kartoffeln, Grünkohl, Brokkoli, . . .“

Die Schnecken? Ja, die sind schon ein Problem beim Gärtnern, sagt Petruzzelli. Auf manchen Grundstücken sei es schlimmer, weil die näher am Wald sind. Den schleimigen Tierchen Herr zu werden – da hat aber jeder Gärtner im Hörnle sein eigenes Patentrezept.

Savino Petruzzelli jedenfalls scheint die Schnecken gut im Griff zu haben. Sein Garten ist ein Paradies des Obst- und Gemüseanbaus. Hier wachsen Quitten und Erdbeeren ebenso wie Frühlingszwiebeln, Sellerie, Weiß- und Rotkohl, Mangold, Tomaten, und, und, und . . .

Oft beobachtet Jens Engewald, wie seine Vereinsmitglieder abends schnell in ihren Garten kommen und sich ein bisschen Gemüse fürs Abendessen ernten. So soll es sein. Dass nicht nur grüner Rasen auf den Parzellen sprießt, das ist auch eine Vorgabe in der Gartenordnung. Sprich: Ein gewisser Anteil an Nutzpflanzen sollte es schon sein. Bei Jens Engewald sind das unter anderem Kiwis. Dieses Jahr läuft es nicht so, aber 2015 haben Engewalds immerhin rund 200 der Früchte geerntet. Doch das Ehepaar schätzt nicht nur das exotische Obst im Garten im Hörnle. „Das hat was von Urlaub hier. Wenn man hier reinkommt, vergisst man den Alltagsstress“, sagt Jens Engewald. Er ist erst seit kurzem der Vorsitzende des OGV Marbach. Seinen Garten hat er auch erst seit dem vergangenen Jahr. „Ich habe also eine steile Karriere hingelegt“, sagt er augenzwinkernd.

Warum er den doch recht stressigen Job als Vereinsvorsitzender angenommen hat? „Die Anlage ist so schön und es wäre schade wenn das alles zerbrechen würde“, betont Jens Engewald. Er hofft, dass das Vereinsleben „ein bisschen intensiviert werden kann“. Letztlich wäre es schön, „wenn zwischen allen Harmonie herrscht“.

Harmonisch geht es auf jeden Fall beim Ehepaar Radis im Garten zu. Dort klopft Jens Engewald einfach mal an, denn der Regen wird stärker. Gerda Radis hat ein Händchen fürs Dekorieren. Figürchen und Blumentöpfe sind von der kleinen, überdachten Terrasse aus zu sehen, ebenso wie ein schön angelegter Teich. „Wenn du Hilfe mit deiner Hecke brauchst, sagst du Bescheid“, bietet Jens Engewald Herbert Radis Unterstützung an. Das Paar hat seit sieben Jahren den kleinen Garten in der Anlage im Hörnle. „Wir haben lange nach so etwas gesucht“, sagen sie. „Immer, wenn es geht, verbringen wir Zeit hier.“ Das ist auch dann kein Problem, wenn es kühler ist oder regnet. Denn das Häuschen auf dem Grundstück ist sogar mit einer kleinen Küchenecke ausgestattet. Viel lieber, als in der Mini-Küche, werkelt das Ehepaar aber draußen im Garten. Tomaten, Kartoffeln, Rote Beeten und Zwiebeln werden geerntet. Nur den Rettich hat Gerda Radis nicht mehr aus dem Boden bekommen. „Die Erde war zu hart“, sagt sie und lacht.

Grundsätzlich sei es so, dass einem im Garten nie die Arbeit ausgeht, sind sich Jens Engewald und das Ehepaar Radis einig. „Aber man möchte es nicht mehr missen“, betont Gerda Radis. Und das Vereinsleben kann sich ebenfalls sehen lassen: Blütenfest, Lampionfest, Schnittkurse beim Baumwart Manfred Haufler . . . „Es geht ja nicht nur darum, im Garten zu werkeln“, gibt der Vorsitzende zu bedenken. „Es geht auch um den Zusammenhalt. Wir sind ein Verein, das muss man immer in den Vordergrund bringen.“