Mit ihrem Motorrad nimmt die 15-jährige Sara Baki jedes Hindernis. Foto: Michael Raubold Photographie

Auf zwei Rädern fühlen dsich die Trialfahrer des MSC Marbach im Gelände pudelwohl.

Marbach - Das Motto über Stock und Stein nehmen die Trialfahrer des MSC Marbach wörtlich. Nur: Stock und Stein sind ihnen bei weitem nicht genug. Im Gelände bezwingen sie wahlweise mit ihrem Motorrad oder Fahrrad auch steile Hänge, riesige Reifen, klobige Holzpaletten und rutschige Baumwurzeln. Ihr Ziel: Einen Parcours zu absolvieren, ohne mit dem Fuß den Boden zu berühren. Das passiert natürlich nicht in der freien Natur, sondern in abgesteckten Bereichen. So zum Beispiel im Steinbruch Klöpfer zwischen Rielingshausen und Kirchberg, dem Domizil des Motor-Sport-Clubs (MSC) Marbach.

Ausgestattet mit Helm, Schienbeinschonern und Rückenprotektor machen sich die Trialfahrer hier auf die Strecke. Rund 20 Kinder und Jugendliche sind zum letzten Training in diesem Jahr gekommen, bevor die Winterpause beginnt. Der eine sitzt auf einem knatternden Motorrad, der andere auf einem mindestens ebenso gelenkigen Fahrrad. Sie alle eint die Passion, sich mit einer großen Portion Geduld, Geschick und Gleichgewicht den Hindernissen zu stellen und diese zu überwinden. Die jüngsten Fahrer sind gerade einmal sechs Jahre alt.

Bevor es in den Parcours geht, heißt es für die Trialfahrer, sich erst einmal anzustellen. Denn gegenseitige Rücksichtnahme ist hier unabdingbar. Erst sobald ein Fahrer die Strecke gemeistert hat, startet der nächste. Dann geht es also los! Sachte tasten sich die Parcourskünstler von Hindernis zu Hindernis. Wichtig ist es jetzt nicht, schnell voranzukommen – sondern präzise. Die Fahrer balancieren gar im Stand ihre Zweiräder aus, geben diesen mit Körperbewegungen den nötigen Schwung und betätigen bei den Motorrädern sekundengenau Kupplung, Gas und Bremse.

„Bis sich das alles eingespielt hat, dauert es Jahre“, sagt der MSC-Vorsitzende Steffen Neumann. Unterschieden wird im Trial auch stets nach Leistungsklasse, nicht nach Alter. Je besser ein Fahrer, desto höher die Hindernisse. Auch ein Erwachsener, der mit dieser Sportart beginnt, nimmt erst einmal die kleinsten Hürden, trainiert auch mal mit dem Nachwuchs. Gesteigert werden kann das Ausmaß schier endlos. „In Frankreich gab es bei einem Wettkampf mal eine sechs Meter hohe, leicht schräge Wand. Da machten sich die Fahrer vorher natürlich schon Gedanken. Es war aber reine Kopfsache, denn technisch hingehauen hat es dann bei jedem“, erzählt Neumann.

Sind die ersten Hindernisse gemeistert, geht es weiter: Auf einen Baumstamm folgen verschieden große Felsbrocken, danach eine steile Abfahrt. Die Herausforderung liegt auch darin, stets konzentriert zu bleiben. „Die guten Fahrer zeichnet es aus, dass sie auch am Ende des Parcours noch präzise fahren“, sagt Steffen Neumann. Denn ohne Konzentration kann der Trialfahrer seine Maschine nicht mehr punktgenau manövrieren. Und ist der Fuß einmal abgesetzt, gibt es einen Strafpunkt.

Gegenseitige Rücksichtnahme, ein hohes Maß an Konzentration, die Beanspruchung des ganzen Körpers, sich verschiedenen Herausforderungen stellen: Auch wegen dieser vielen Eigenschaften sieht MSC-Motorradtrial-Jugendleiter Michael Braunbeck im Trial einen perfekten Sport für Kinder und Jugendliche. „Sie müssen im Gelände ganz eigene Entscheidungen treffen, bekommen auf diese unmittelbar ein Feedback, und sind für Fehler immer selbst verantwortlich. Und hat man etwas gelernt, hat man sich das auch selbst erarbeitet. Das stärkt natürlich das Selbstvertrauen, was im Leben immens wichtig ist.“

Mit Begeisterung ist auch die 15 Jahre junge Sara Baki mit dabei. Auf ihrem Motorrad gehört sie im heutigen Training zu den erfahrendsten Teilnehmern. „Im Trial ist immer Action geboten und es gibt immer neue Herausforderungen, denen man sich stellt. Man geht auch mal an seine Grenzen und ist nach dem Training immer ausgepowert. Es ist ein gutes Gefühl, wenn man das geschafft hat“, schwärmt sie. Seit fast fünf Jahren fährt sie Trial, nachdem sie eigentlich Motocross ausprobieren wollte. „Dann habe ich aber Trial kennengelernt und es hat mir von der ersten Sekunde an Spaß gemacht.“

Auch der 13-jährige Malte Hunker ist hin und weg, bewegt sein Motorrad leichtfüßig durch das Gelände. Ein Lieblingshindernis hat er nicht, der Nachwuchsfahrer ist da nicht wählerisch. „Das beste am Trial ist, dass es viele verschiedene Möglichkeiten, aber auch Lösungen gibt“, sagt er. Seit fast zwei Jahren ist er begeisterter Trialfahrer.

Stellt sich noch die Frage, wie gefährlich diese Sportart ist. Steffen Neumann muss schmunzeln. „Bei Wettkämpfen steht meistens ein Krankenwagen und der wird so gut wie nie benötigt.“ Da die Fahrer vergleichsweise langsam unterwegs sind und die Motorradfahrer nur selten höher als in den zweiten Gang schalten, gibt es kaum Zwischenfälle. „Prellungen und blaue Flecken gehören aber dazu, das ist normal“, ergänzt Michael Braunbeck. Ansonsten spielt schonmal eher die Technik nicht mit. So trifft es in diesem Training eine Nachwuchsfahrerin mit einem geplatzten Kühlschlauch und mit der Kupplung Jugend-Europameister Sascha Neumann – einem der sportlichen Aushängeschilder des 88 Jahre alten Klubs . So muss an den Zweirädern, die jeweils den Vereinsmitgliedern gehören, erst einmal geschraubt werden.

Um während der Winterpause in Bewegung zu bleiben, bietet der MSC seinen Mitgliedern neuerdings ein Training in der Halle an. Aufs Rad geht’s wieder im Frühjahr. Wer ebenso mal über Stock und Stein fahren möchte, hat dazu bei den bis zu vier Schnuppertrainings im Jahr Gelegenheit.