Die mobile Presse ist auf einen Anhänger montiert. Foto: Michael Raubold Photographie

An der mobilen Obstpresse vor der Halle auf der Schray herrscht jeden Herbst großer Andrang.

Erdmannhausen - Einen Karton nach dem anderen laden Alfons und Monika Lochbühler in den Kofferraum ihres Kombis. 24, 25, 26, ... sie zählen fleißig mit. Die Hinterachse des Autos bewegt sich gen Boden, der Stauraum wird knapp, doch er reicht aus. 40, 41, ... und 42 – geschafft! Der frisch gepresste Apfelsaft, abgefüllt in fünf Liter fassende Beutel, die in den Kartons verpackt sind, verschwindet hinter der Kofferraumklappe. Alfons Lochbühler ist glücklich: „Wir machen das seit drei Jahren und können es jedem wärmstens empfehlen.“

Mit „das“ meint der Affalterbacher das Pressen seines eigenen Obstsafts. Keine Viertelstunde ist es her, seit die Lochbühlers mit einem Anhänger voller Äpfel hier auf den Parkplatz der Halle auf der Schray in Erdmannhausen gekommen sind, wo die mobile Saftpresse der Kleinbauern Rems-Murr Station macht. Der Anhänger ist jetzt leer – dafür lagert im Wagen Apfelsaft. Das Obst stammt vom eigenen Stückle, Monika Lochbühler hat die Äpfel handverlesen. „Der Saft schmeckt nicht so fad wie der im Discounter. Er ist fruchtiger, das merkt man“, sagt Alfons Lochbühler. Kein Wunder: Acht Apfelsorten haben er und seine Frau zu Saft vermischen lassen, den sie nun das Jahr über trinken und verschenken. Bis nächsten Herbst wieder gepresst wird.

Möglich macht das die mobile Saftpresse von Wolfgang Klotz, seiner Frau Elke und Annegret Salwey. Seit dem 13. September macht die Presse, aufgebaut auf einem Anhänger, außer sonntags täglich Station in der Region, egal ob in Bietigheim-Bissingen, Kirchberg, Remseck oder Rechberghausen. Zweimal hat sie ein Gastspiel in Erdmannhausen. Wo sie auch steht: Überall nutzen Streuobstwiesenbesitzer die Möglichkeit, ihr Obst pressen zu lassen. Das müssen nicht nur Äpfel sein – auch Birnen oder Quitten werden oft hinzugegeben.

3,80 Euro kostet der Saft pro Fünf-Liter-Karton. Bringen die Kunden den Karton vom Vorjahr wieder mit, nur 3,30 Euro. Auf den Liter macht das 66 Cent. „Das ist günstiger als der günstigste Saft im Supermarkt“, sagt Wolfgang Klotz, der darin einen Grund sieht, warum er neue (Stamm-)Kunden hinzugewinnt. „Es ist einfach ökonomisch, gerade wenn man das aufs Jahr hochrechnet“, sagt Klotz. Zudem hätten die Kunden eben ihren ganz eigenen Saft, den es nirgendwo zu kaufen gibt. „Jeder hier weiß, woher sein Saft kommt. Man ist selbst dafür zuständig, ein gutes Ergebnis zu erzielen“, meint Klotz.

Derweil sind die nächsten Kunden da. Rainer Neumann aus Erdmannhausen hat die Äpfel von seinen vier Bäumen zusammengesammelt. „Das ist natürlich nur ein kleiner Umfang. Aber ich weiß, woher das Obst kommt und dass es nicht gespritzt ist. Ich glaube, das schmeckt man auch“, sagt Neumann, der das Angebot der Presse Jahr für Jahr nutzt. Genauso wie der gebürtige Erdmannhäuser Rolf-Dieter Jenner. Zu seinen durchreiften Äpfeln mischt er hin und wieder auch Quitten. „Das gibt einen feinen Geschmack“, sagt er.

Das Treiben an der Saftpresse ist durchgetaktet. Alle paar Minuten kommen weitere Kunden, die Uhrzeit haben sie vorab mit der Kommune oder einem Obst- und Gartenbauverein abgesprochen. So auch in Erdmannhausen. 20 bis 30 Kunden kommen am Tag, sie können jeweils 50 bis 400 Kilogramm Obst pressen lassen. 100 Kilogramm Äpfel ergeben etwa 60 Liter Saft.

Damit der Pressvorgang reibungslos funktioniert, sind Octavian Benedic und Cosmin Cancel mit dabei. Zwei junge Rumänen, die mit ihrer Schürze an der Presse stehen. „Octavian unterstützt uns seit vier Jahren. Er könnte mich hier vollständig ersetzen“, schwärmt Wolfgang Klotz, der festgestellt hat, dass es schwierig ist, deutsches Personal zu finden. „Die beiden hier sind ein echter Gewinn für uns“, lobt er.

In der Presse wird das Obst zunächst gewaschen, später unter einem Druck von 40 Tonnen gepresst, die Flüssigkeit in den Durchlauferhitzer geleitet. „Das Herzstück der Presse“, sagt Klotz. Hier wird das Obst auf 78 Grad Celsius erhitzt. „Bei 76 Grad sterben die Bakterien, ab 83 Grad aber auch die Vitamine“, erklärt er. Letztlich fließt der Saft in einen Beutel, der in den angesprochenen Karton gepackt wird.

„Ich denke, wir tragen hiermit auch zum Erhalt der Streuobstwiesen bei“, sagt Wolfgang Klotz, dessen Kunden das Spektrum „vom Punker, über junge Familien bis zum Staatssekretär“ abdeckten. „Ein Kunde hatte einen Porsche mit Anhängerkupplung, im Anhänger war Obst. Dem Fahrer waren die Äpfel viel wichtiger als sein Auto“, sagt Klotz lachend, und fügt an: „Die Menschen hier kann man in keine Schublade stecken.“ Den Erfolg der Obstpresse führt er auch auf das Engagement der Obst- und Gartenbauvereine zurück. Wolfgang Klotz: „Sie sind leise Schaffer, die immer sehr zuverlässig und korrekt arbeiten.“