Elisabeth Swoboda ist gelernte Apothekenhelferin. Diese medizinischen Kenntnisse kommen ihr bei der Behandlung der Tiere zugute. Foto: geschichtenfotograf.de

Elisabeth Swoboda hat in diesem Jahr schon 200 Igel gerettet. In Beilstein betreibt sie ein Krankenhaus für die stacheligen Nager.

Beilstein - Ein schwaches Ächzen kommt aus dem kleinen Bastkoffer. Der stachelige Patient, der drinnen auf einem Wärmekissen liegt, ist dem Tod gerade so von der Schippe gekrabbelt: „Er ist vor ein Auto gelaufen“, erklärt Elisabeth Swoboda. „Zum Glück wurde er nur weggeschleudert. Als er vor zwei Tagen ankam, hatte er eine Gehirnerschütterung und blutete aus Mund und Nase.“ Swoboda hat erste Hilfe geleistet, jetzt gibt’s noch eine Spritze gegen Würmer und ein Antibiotikum, denn eine Wunde hatte sich mit Bakterien infiziert.

Seit 32 Jahren leitet die gelernte Apothekenhelferin das Igelkrankenhaus in im idyllischen Beilsteiner Weiler Stocksberg. Ihr Haus bewohnt Swoboda mit Mann, Hund – und hunderten Igeln. Davon sind 30 lebendig, der Rest schaut mit seinen Knopfaugen von unzähligen Postern oder als Plüschversion aus den Regalen.

Elisabeth Swoboda hat ihren Beruf und einen Teil des Wohnraums Stück für Stück für die Igel aufgegeben. In einem Zimmer behandelt, untersucht und füttert sie ihre Patienten, in einem Raum darüber stapelt sich kistenweise Infomaterial. Im Untergeschoss empfängt Swoboda zum Beispiel Schulklassen. Mit Malbüchern, Postern und Igel-Spielen bringt sie den Kindern bei, welche Gefahren auf die sympathischen Stacheltiere lauern. Das sind ziemlich viele: Maschendrahtzäune, weggeworfene Joghurtbecher, Autos, Mistgabeln oder böser Wille können Igeln schwer zusetzen.

In diesem Sommer haben Hitze und Trockenheit den Tieren zusätzlich zu schaffen gemacht. „Einige Igel haben Sommerschlaf gehalten – so was gibt es eigentlich nur in Afrika“, sagt Swoboda. Auch viele Igelmütter seien so ausgetrocknet gewesen, dass sie ihren Jungen kaum noch Milch geben konnten.

Elisabeth Swoboda und ihre Helferinnen haben schon so ziemlich jede Verletzung behandelt, die ein Igel sich zuziehen kann. „Tellersensen sind besonders fies“, meint sie und holt eine Fotosammlung: Die Geräte schneiden buchstäblich Stücke aus dem Igelleibern. „Es ist wirklich erstaunlich, was diese kleinen Tiere alles erdulden können“, sagt Swoboda. Tatsächlich, schätzt sie, kämen 90 Prozent ihrer Patienten durch, hätten sie ihre Obhut einmal lebend erreicht.

Das Igelkrankenhaus finanziert sich durch Spenden – die 69-jährige Swoboda und ihr Mann schießen noch etwas zu. Sparen ist angesagt, und die 30 Plätze im Hospital sind eigentlich immer knapp: Sobald ein Igel sich erholt hat, kommt er zu der Familie zurück, die ihn gebracht hat. Die päppelt ihn vollends wieder auf und wildert ihn aus. Bei Nummer 184 ist es bald soweit: Zwar faucht der Igel etwas mürrisch, als Elisabeth Swoboda ihn aus seinem Gehege holt, aber vor drei Wochen stand der stachelige Geselle an der Schwelle des Todes. „Er wog nur noch 130 Gramm“, erzählt Swoboda – jetzt seien es rund 600. Ein gutes Gewicht für einen Igel, vor allem jetzt, da der Winter immer näher kommt. Bald kann die Ilsfelder Familie, die ihn gefunden hat, ihn wieder abholen und auswildern. Dann wird er wieder durchs Raub rascheln – und hoffentlich Maschendrahtzäunen und Tellersensen entgehen.