Die beiden Teams schenken sich nichts. Hier setzt Tobias Deuring zum Wurf an. Foto: geschichtenfotograf

Die Handballer der SG Bottwartal haben die Chance auf den Aufstieg. Wir waren beim Relegationsspiel hinter den Kulissen dabei.

Großbottwar - Die Langhanshalle kocht. Wie Gladiatoren auf dem Weg zur Arena laufen die Handballer der SG Bottwartal die Stufen von der Kabine zur Halle herunter. Mit jedem Schritt durch den dunklen Gang werden das Hämmern der Pauken und das Johlen der Fans lauter. Die Spieler haben sich oben mit lauter Rockmusik und kämpferischen Ansprachen aufgeputscht. Voller Adrenalin klatschen sie sich jetzt in Fahrt, schlagen auf ihrem Weg gegen Türen und Wände. Jetzt trennt sie nur noch ein Vorhang mit dem Vereinslogo vom Relegationsspiel gegen den TV Plochingen. Der Torwart Benjamin Krotz steht ganz vorne und lugt durch die Plastikplane: Rund 800 Menschen warten darauf, dass der Kampf um den Einzug in die Baden-Württemberg-Oberliga (BWOL) beginnt. Sonst sind es oft nur halb so viele.

Einer hat heute besonderen Grund, aufgeregt zu sein: Paul Saur mit der Nummer elf auf dem Trikot läuft zum ersten Mal für die Mannschaft auf. „Das ist schon ein krasses Gefühl – das erste Spiel und dann gleich so eine Crunchtime“, sagt er. Dann geht es los.

Kunstnebel und Stroboskopblitze schlagen den Handballern entgegen, als sie durch den Vorhang auf das Spielfeld treten.

Das Spiel ist das erste von bis zu vier Relegationsspielen, in denen die SG Bottwartal um den Einzug in die BWOL, die vierthöchste Spielklasse beim Deutschen Handball-Bund, spielt. Alle rechnen damit, dass die beiden Teams mit harten Bandagen kämpfen. Oben in der Kabine hat Spielertrainer Dennis Saur vor allem vor einem TVP-Spieler gewarnt: „Bei dem darf ruhig auch mal ein Ellbogen rausgehen.“

Auch die beiden Schiedsrichter Lars Stief und Edmund Krieg machen sich auf einiges gefasst. „Das wird ein Kampf auf Biegen und Brechen“, meint Krieg. Und die beiden Schiris haben schon einiges gesehen – immerhin sind sie schon seit 1996 als Team unterwegs.

Tatsächlich bekommen die Männer in Gelb heute viel zu tun. Schon in den ersten Minuten gibt es Anlässe zu Verwarnungen, Siebenmetern und Zeitstrafen. Tor folgt auf Tor, teilweise im Minutentakt klatschen die Bälle auf beiden Seiten ins Netz und einige Spieler auf den Boden. Den ersten Treffer machen die SG-Spieler, doch jedes ihrer Tore wird umgehend vom Gegner in Blau-Weiß ausgeglichen. Auch bei den Fouls schenken sich die Teams nichts. „Der Hund kriegt zwei Minuten“, tönt es von der Plochinger Bank, als ein Spieler in Blau-Weiß am Boden liegt.

Auf der Bank am Spielfeldrand sitzt die Physiotherapeutin Katrin Rödiger. Sie ist bereit, einzuspringen, wenn es einen der Spieler erwischt. „Dafür, dass es bis jetzt eine lange, harte Saison war, haben wir eigentlich noch einen überraschend fitten Kader“, sagt sie – und hofft, dass es auch nach diesem ersten Relegationsspiel so bleibt. In der Pause, beim Stand von 17:17, liegt ihr der SG-Spieler Markus Rossmeier zu Füßen. Er ist „irgendwie falsch aufgetreten“, Rödiger macht ihn wieder fit, so gut es geht.

Dann müssen die SG-Gladiatoren schon wieder nach unten. In der Mitte der zweiten Halbzeit wendet sich das Blatt gegen sie: Die SG verliert den Anschluss. Auf ein, zwei Tore Rückstand tastet sich das Team immer wieder heran, am Ende trennen nur zwei Treffer die beiden Mannschaften von einem Unentschieden. Die SG verliert mit 33:35.

Kaum ertönt das Signal zum Spielende, bricht der blau-weiße Siegerjubel aus. Die Plochinger lassen sich von ihren Fans feiern, viele SG-Spieler ziehen sich erst mal zurück. Dumpf dringt der Siegestaumel der Gäste nach oben, in der Kabine der Bottwartäler herrscht Stille. „Scheiße“, sagt einer. Torwarttrainer Dirk Bellon drückt es auf der obligatorischen Pressekonferenz etwa eine Viertelstunde nach dem Spielende natürlich etwas anders aus. Zu verstehen ist er dabei kaum, dafür feiern die Plochinger Fans den Sieg ihrer Mannschaft viel zu lautstark. Mit ihnen und ihren Helden auf dem Platz gibt es beim Rückspiel ein Wiedersehen. Vielleicht klappt es dann auch für Paul Saur mit dem richtigen Debüt – das Hinspiel musste er nämlich noch auf der Bank verbringen.