Auch Ausgaben des Postillons sind in Steinheim gelagert. Foto: Michael Raubold Photographie

Die Steinheimer Archivarin Helga Becker hat einiges zu tun – vor allem müssen die historischen Dokumente fachgerecht verwahrt werden.

Steinheim - Unterhalb der Bürgersäle ist es – schon ein bisschen versteckt: das Archiv der Stadt Steinheim. Vom Erdgeschoss geht es über die Treppen in den Keller und dort riecht es trotz der dicken Türe „archivig“, wie es Helga Becker ausdrückt. Sie ist seit April 2015 Heimatpflegerin in Steinheim – und kümmert sich unter anderem um das Archiv der Urmenschstadt.

Das ist nicht wenig Arbeit, denn schon die schiere Größe des Archivs zeigt, dass es hier einiges zu tun gibt: allein die ältesten historischen Bestände belegen schon knapp 300 Regalmeter. Und das ist längst nicht alles, was das Steinheimer Archiv zu bieten hat . . .

Helga Becker ist jedenfalls in mehrerlei Hinsicht froh über die Räume. „Das ist ein Halbgeschoss, insofern hat man auch natürliche Beleuchtung. Wir sind hier nicht direkt hochwassergefährdet und haben zudem ein wunderbares Raumklima.“ Dabei deutet sie auf das Messgerät an der Wand. Es zeigt 23 Grad Celsius und 42 Prozent Luftfeuchtigkeit an. Hier lässt es sich sommers wie winters aushalten.

Was gut ist, denn die Heimatpflegerin verbringt hier einiges an Zeit. Momentan ist sie daran, die ganzen alten Akten in so genannte Archivboxen umzusetzen. Diese „richtig wertvollen Sachen“ gehen teilweise bis in die Zeit des Dreißigjährigen Krieges zurück. Bislang lagerten sie relativ ungeschützt in Papier- und Papphüllen. Künftig sollen es spezielle Boxen für Archivmaterialien sein, die eigens zu diesem Zwecke hergestellt werden. Erst vor wenigen Wochen hat Helga Becker einige Paletten davon geliefert bekommen.

Sprich: Die Umbettung der alten Akten ist in vollem Gange. Bei dieser Arbeit „kann man schon ehrfürchtig werden“, findet Helga Becker angesichts des Alters der Dokumente. Von 1587 stammt beispielsweise die Hardtordnung. „Wenn ich ein mehr als 400 Jahre altes Buch dann in der Hand halten darf . . .“, schwärmt sie. Und: „Man muss wirklich aufpassen, dass man sich darin nicht verliert“, gibt Helga Becker augenzwinkernd zu.

Für Geschichte hat sich die heute 58-Jährige schon immer interessiert. „In der Schule ist es halt mega langweilig rübergebracht worden“, sagt sie lachend. Aber als überzeugte Schwäbin liege ihr die Heimatgeschichte natürlich besonders am Herzen.

Zeitaufwändig sind die Umbettungsarbeiten allerdings auch, „wenn man nicht in den Unterlagen liest“, sagt Helga Becker. „Denn man muss ja alles auch gleich verzeichnen, sonst findet man es nie wieder.“ Dass sich all die Mühe lohnt, davon ist die Heimatpflegerin überzeugt. Denn einen Wasserrohrbruch oder ein leckendes Heizungsrohr könne man nie ausschließen. „In diesen Archivboxen können die Akten so etwas relativ unbeschadet überstehen, wenn rasch gehandelt wird“, erklärt Helga Becker.

Die neue Heimatpflegerin macht sich in diesen Dingen vor allem bei Seminaren und Treffen mit Kollegen schlau. Dabei spricht man auch über entsprechende Notfallpläne. Auch eine Rettungsgemeinschaft Bottwartal für all die kleinen Archive und Museen könnte sich die Höpfigheimerin gut vorstellen. „Wenn mal so ein Archiv unter Wasser steht, muss man ganz schnell reagieren und Kräfte bündeln“, sagt Helga Becker.

Zu diesem Zweck könne übrigens ein Notfallkoffer mit viel Frischhaltefolie enorm nützlich sein, verrät sie weiter. Bei einem Wasserschaden können die historischen Dokumente darin eingewickelt werden. Eine Spezialfirma kann diese dann schockfrosten und langsam „abfrieren“ – mit dieser Methode hätten schon viele Bestände gerettet werden können.

Wie gelangen nun aktuelle Akten ins Archiv? In jedem Bundesland gibt es ein Archivgesetz, in dem die Übernahme von Akten aus der Verwaltung in das Archiv und die Bestandserhaltung geregelt sind. So gibt es Akten, die per Gesetz dauerhaft im Archiv aufzubewahren sind. Daneben gibt es solche, die nach Ablauf der Aufbewahrungsfrist dem Archiv angeboten werden müssen. Der Archivar bewertet dann, welche dieser Akten tatsächlich übernommen werden. Denn einerseits soll das Verwaltungshandeln dokumentiert, andererseits aber auch die Lebenswirklichkeit der Stadt abgebildet werden, erläutert Helga Becker. Heißt: „Auch Unterlagen zu Vereinstätigkeiten, zur Zusammensetzung der Einwohnerschaft, zu Kunst und Kultur et cetera werden für die kommenden Generationen festgehalten.“ Schließlich sei das, was jetzt passiert, die Geschichte für die nächsten Jahrzehnte. „Und ich kann dafür sorgen, dass sie sinnvoll überliefert wird.“

Das, was jetzt schon Geschichte ist, trägt die Heimatpflegerin auch gerne nach draußen. Bei Ausstellungen im Klostermuseum, das nur einen Steinwurf entfernt ist, oder bei ihren Nägele-Führungen hat sie die Gelegenheit. „Es ist toll, wenn man die Themen aus dem Archiv an ein interessiertes Publikum bringen kann“, findet sie.