Die Region kennt Jörn-Götz Dahlke aus dem Effeff. Voraussetzung ist das auch für seine Mitarbeiter, die eine Ortskundeprüfung bestehen müssen. Foto: Michael Raubold Photographie

Der Alltag eines Taxifahrers hat es in sich – egal ob „normale“ oder prominente Gäste im Wagen sitzen.

Marbach - Kurz bevor Jörn-Götz Dahlke sich wieder ans Lenkrad seines Taxis setzt, klingelt sein Handy. Ein Mitarbeiter der Tagesklinik in Marbach ist dran, ein Blutbeutel müsse schnell nach Ludwigsburg ins Krankenhauslabor transportiert werden. „Machen wir, der Kollege kommt“, bestätigt Dahlke, legt auf und informiert einen seiner Fahrer. Passenderweise befindet sich die Zentrale des Taxi-Unternehmens am Marbacher Krankenhaus, die Wege sind also kurz. Und so fungiert ein hier wartendes Taxi kurzfristig als Bluttransport. „In diesen Fällen ist Eile geboten“, meint Geschäftsinhaber Jörn-Götz Dahlke. Der Vormittag, an dem wir den Alltag eines Taxifahrers kennenlernen möchten, ist da ein paar Sekunden alt. Und schon wird klar: Hier passiert deutlich mehr, als dass spontan Fahrgäste mitgenommen werden. Das soll sich auch im Verlauf des Vormittags zeigen.

Während der Kollege sich also auf den Weg nach Ludwigsburg macht, geht es für Jörn-Götz Dahlke nach Steinheim. Ein rüstiger Herr aus dem ASB-Seniorenheim muss zur Untersuchung ins Krankenhaus nach Bietigheim. Dem Taxiunternehmen hat er das Tage im Voraus gemeldet. „60 bis 70 Prozent des Umsatzes machen wir mit Krankenfahrten“, so Dahlke. Der Anteil an Fahrgästen, die spontan anrufen oder noch spontaner einsteigen, ist dagegen gering.

Dem Taxibetreiber gibt das natürlich Planungssicherheit – allerdings sind Krankenfahrten mit einem hohen bürokratischen Aufwand verbunden. Es bedarf unter anderem eines Transport- und Verordnungsscheins samt Genehmigung durch die Krankenkasse. Fragen, ob der Patient zuzahlen muss oder die Krankenkasse die Fahrtkosten übernimmt, müssen geregelt sein. „In diesem Bereich haben wir uns, denke ich, einen guten Ruf erarbeitet. Wir achten darauf, dass alle Unterlagen beisammen sind und schaffen es so auch, dass die Patienten im Krankenhaus nicht abgewiesen werden“, sagt Dahlke. Denn bei all den Unterlagen ist es für die Fahrgäste nicht einfach, den Überblick zu behalten.

Kaum ist der Rollator des Seniors im Kofferraum verstaut und dem Herrn beim Einsteigen geholfen, beginnt die Fahrt nach Bietigheim. Der Kilometerstand des Wagens von mehr als einer halben Million steigt nun weiter an – ebenso das im Rückspiegel integrierte Taxameter. Der Tarif entspricht der Taxi-Tarifverordnung des Kreises – 2,10 Euro pro Kilometer. Das Radio dient der Hintergrundmusik, wichtiger ist da der Smalltalk mit dem Gast. „Meist geht es ums Wetter oder um Fußball“, sagt Dahlke. Fußball interessiere ihn nicht, „aber beim Wetter kann ich dann doch mitreden“, meint er und lacht. Sowieso hat der Inhaber für seine Kunden immer wieder einen flotten Spruch auf Lager. Tiefgründiger sind die Gespräche meist bei den Stammkunden. Beispielsweise Menschen, die zur Chemotherapie oder zur Dialyse gefahren werden. „Da unterhält man sich auch mal nach Fahrtende weiter.“

Doch auch viele Schüler kennen die Taxifahrer des Unternehmens bestens. Drei Schulbussle sind täglich im Einsatz, angefahren werden fünf Schulen. In Steinheim werden Kinder vom Lehr- und Hinterbirkenhof abgeholt. Je nachdem, ob sie die Grund- oder eine weiterführende Schule besuchen, sind die Städte Steinheim oder Marbach der Kostenträger.

Ankunft in Bietigheim. Jörn-Götz Dahlke begleitet seinen Fahrgast zum Empfang des Klinikums, kümmert sich wieder um die Bürokratie. Später wird einer seiner Kollegen den Herrn wieder zurück nach Steinheim bringen.

Derweil ist der Taxiunternehmer auf dem Rückweg, der nächste Termin steht im Plan, den seine Frau Ursula abends jeweils für den Folgetag anfertigt. Keine einfache Aufgabe bei 16 Mitarbeitern und zehn Taxen. Während der Fahrt telefoniert das Ehepaar immer wieder miteinander, gibt den aktuellen Stand durch. Wo sich alle Taxen des Betriebs befinden, zeigt eine Landkarte im Handy an, das am Armaturenbrett haftet. Darüber befindet sich das Navigationsgerät, das Dahlke jedoch keines Blickes würdigt. „Früher dachte ich, Navifahrer werden blöd. Heute denke ich, sie sind blöd“, sagt er schmunzelnd.

Kurz darauf hat Dahlke einen neuen Nebensitzer: Einen Stammgast aus Affalterbach fährt er zum Arzt nach Marbach. Man kennt sich, auch wenn die vorherige gemeinsame Fahrt eine Weile zurückliegt. Ist die Strecke in die Schillerstadt doch recht kurz, hat Dahlke in seinen rund 30 Jahren als Taxifahrer schon ganz andere Ziele gehabt: Eine Dame fuhr er mal nach Damp, einen Kurort nördlich von Kiel. Auch nach Homburg/Saar oder an den Königssee gingen Fahrten. Bei Letzterer stand er bei Schneetreiben im Stau – „fürchterlich“, erinnert er sich. Dazu kam, dass für seine Mitfahrerin keine Toilette in Reichweite war und der Fahrer eines Reisebusses sich nicht als hilfsbereit erwies. So musste die kleine Notdurft zwischen den geöffneten Taxi-Türen verrichtet werden.

„Meine Frau und ich hatten schon überlegt, ein Buch zu schreiben. Das Erlebte würde aber nur uns interessieren“, sagt Dahlke. Vorkommen würden sicherlich die Begegnungen mit Prominenten, wie Dieter Hildebrandt („Meine Frau schwärmte damals“), Nachrichtensprecher Ulrich Wickert („ein sehr sympathischer Mensch“) und Schauspielerin Lotti Krekel: „Sie habe ich abgeholt und sie fragte: Sind sie mein Taxifahrer? Da fiel sie mir schon um den Hals“, so Jörn-Götz Dahlke. Kein Wunder, dass er sich in einem sicher ist: „Ich sitze viel lieber hinterm Steuer als im Büro.“