Bis ein Oldtimer nach einer Vollrestauration wieder fahren kann, können Jahre vergehen. Foto: Phillip Weingand

Die Firma mechatronik richtet Mercedes-Benz-Oldtimer wieder her. Mancher Waagen ist von berühmten Persönlichkeiten gefahren worden.

Pleidelsheim - So reiste also Adenauer: Der geräumige Innenraum des Mercedes-300-Cabrio ist mit luxuriösem Leder ausgestattet. Während ein Chauffeur das für die Verhältnisse der 50er-Jahre gewaltige Fahrzeug von seinem holzverzierten Arbeitsplatz aus lenkte, konnte der Kanzler sich vom Rücksitz aus dem Volk präsentieren – im Sommer auch mit offenem Verdeck. Das Auto, das gerade zur Durchsicht in der Werkstatt der Pleidelsheimer Firma Mechatronik steht, hat das Staatsoberhaupt zwar nicht persönlich befördert. Doch der fast baugleiche Mercedes versetzt den Betrachter zurück in die Vergangenheit.

Seit 1996 verleiht die Firma Mechatronik alten Daimlern neuen Glanz. Im Foyer des Firmengebäudes steht zur Dekoration ein ganzes Jahrhundert Automobilgeschichte: Ein französischer „Le Zèbre“. „In diesem Wagen fahren Sie auf eigene Gefahr und eigenes Risiko“, warnt eine Metallplakette am Boden. Auch die anderen Autos, um die Mechatronik sich kümmert, haben beim Fahren ihre Eigenheiten. Das musste im März 2013 ein Mitarbeiter erfahren, als er bei einer Probefahrt mit einem 300 SL-Flügeltürer von der Straße abkam und sich überschlug – Schaden: 650 000 Euro. Die Insassen blieben quasi unversehrt, doch der Unfall war ein Super-Gau in Sachen Werbung und brachte die Pleidelsheimer Firma bundesweit in die Schlagzeilen. Die Restauratoren nahmen die Sache dennoch als Herausforderung. Was als Routinecheck geplant war, wurde zur Vollrestaurierung.

Und die kann lange dauern – je nach Modell auch mal zwei bis vier Jahre. Der zu Schrott gefahrene Flügeltürer verbrachte lange Zeit bei Daimler, wo der Rahmen repariert wurde. „Wir können erst jetzt richtig damit loslegen, die Karosserieteile auszubeulen oder auszutauschen“, sagt der Mechatronik-Marketingleiter Thorsten Klenk. Oft erschwert die Ersatzteillage so eine Kompletterneuerung, besonders, wenn von einem Wagen nur geringe Stückzahlen gebaut wurden.

Die Wünsche der Mechatronik-Kunden sind unterschiedlich. Manche wollen zum Beispiel einen neuen Motor unter der Haube ihres Klassikers, andere kommen zur regelmäßigen Inspektion oder zur Restaurierung. Es gibt Kunden, die ihren Oldtimer komplett in den Auslieferungszustand zurückversetzen wollen. „Mercedes hat da eine sehr gute Dokumentation“, erklärt Klenk. Anhand der Fahrgestellnummer ließen sich die ursprüngliche Farbe, die Motorisierung und eventuelle Extras einfach herausfinden. Im Designraum können Kunden sich die Lackfarbe sowie die Lederausstattung und Holzart für das Interieur aussuchen. Es gibt auch Mercedesbesitzer, die ihren Klassiker nach eigenen Wünschen neu gestalten wollen. An der Wand hängen dazu Lackmuster. Ginge auch Neongelb oder Grellpink? Klenk verzieht das Gesicht: „Im Grunde ist alles die Entscheidung des Kunden. Aber im Interesse des guten Geschmacks würden wir zumindest versuchen, ihm davon abzuraten“, meint er mit einem Augenzwinkern. Tatsächlich gibt es Kunden, deren Traumauto sich für sie als ungeeignet herausstellt. „Viele träumen vom Flügeltürer, sind aber so groß“, erzählt Klenk und hebt die Hand auf etwa 2,20 Meter Höhe. Der berühmte Klassiker auf Rennwagenbasis sei nicht für komfortables Fahren gebaut worden.

Ein Besitzer des Nachfolgemodells weiß das. Sein Schmuckstück, ein 300 SL Roadster aus dem Jahr 1959 im auffälligen Karminrot, steht in der Werkstatthalle bei Mechatronik zum Routinecheck. Der Kunde fährt regelmäßig bei Rallyes mit und hat daher – neben zwei Stoppuhren – einen sogenannten Tripmaster einbauen lassen. „Der misst metergenau die zurückgelegte Strecke. Das ist wichtig, um bei den Rallyes navigieren zu können“, erklärt Klenk, als er neben dem Auto steht. Der Sportwagen mit seinen verchromten Zierleisten und elegant geschwungenen Kurven hat einmal dem US-Schauspieler Bill Cosby gehört. Das Modell ist ein Traum vieler Autoliebhaber – aber für viele wird er unerreichbar bleiben. „Bei so etwas sind Sie durchaus bei mehr als einer Million Euro“, sagt Klenk.

Die Pleidelsheimer Firma hat nicht nur mit solchen Raritäten zu tun. Der Marketingchef erzählt etwa von einem Kunden, der seinen geliebten Mercedes – ein Mittelklassemodell von der Stange, in den 70ern gekauft – für teures Geld restaurieren ließ, obwohl er für einen Bruchteil des Geldes ein anderes Auto bekommen hätte. „Solche Entscheidungen haben nichts mit Vernunft zu tun – das ist Emotion und Leidenschaft“, sagt Klenk.