Foto: Phillip Weingand

Die Kirschessigfliege lässt sich derzeit die heranreifenden Trauben schmecken. Die hiesigen Winzer reagieren unterschiedlich.

Bottwartal - Bottwartal - Der Beginn der Traubenernte steht bevor. Voraussichtlich Mitte September wird im Weingut Bruker in Großbottwar der Startschuss für den Weinherbst 2014 fallen. Der Bestand im Weinberg sieht toll aus, freut sich der 38-jährige Winzer. „Wir hatten zum ersten Mal seit langem keinen Hagel.“ Auch in Sachen Fäulnis stehen die Zeichen derzeit nicht auf Alarm. Dafür bereitet Markus Bruker die Drosophila suzukii Sorge. „Das Problem ist eklatant und ehrlich gesagt, weiß ich nicht, was die richtige Reaktion ist“, sagt er beim Rundgang durch die Rebanlagen am Harzberg. Acolon, Merlot, Syrah . . . die Schäden sind selbst für den Laien sichtbar.

Die aus dem asiatischen Raum stammende Kirschessigfliege scheint Gefallen an den heranreifenden Bottwartäler Trauben gefunden zu haben. „Sie sägt die Beeren an und legt ihre Eier unter die Haut“, erklärt Bruker. Erst diese Woche hat der Großbottwarer Winzer seine frühreifen Sorten, aber auch Anlagen mit Lemberger gespritzt. Wobei das gar nicht so einfach ist, denn das entsprechende – extrem teure – Mittel ist so gut wie vergriffen. Ob die Spritzung vom Montag reicht? Markus Bruker ist ratlos.

Besorgt ist auch Benjamin Schütz vom gleichnamigen Höpfigheimer Weingut. Und verärgert über den Engpass beim Spritzmittel. Hätte Vater Herbert während eines Aufenthaltes am Bodensee nicht eine dortige Baywa-Filiale „leer gekauft“, stünde man ohne das Mittel Spintor da, berichtet er. „Dort war es kein Problem, nachzubestellen und hier sagt man uns, dass das Mittel restlos vergriffen ist“, ärgert sich der Jungwinzer. „Da kann doch irgendwas nicht stimmen.“

Zu zwei Drittel sind die frühreifen Trauben auf den Anlagen des Höpfigheimer Wengerters bereits befallen – gerade auch die pilzwiderstandsfähigen Sorten wie der Muscaris, der bereits 70 bis 80 Grad Oechsle auf die Mostwaage bringt. „Wenn man am Stock wackelt, dann kommen ganze Schwärme heraus“, so Schütz. „Es ist eine Katastrophe.“ Was tun? Die Sicherung des Ertrages vor die Sicherung der Qualität stellen? Vater und Sohn haben sich fürs Abwarten und Hoffen entschieden. Am Montag wurde gespritzt, danach darf zwei Wochen nicht geerntet werden.

Die Voraussetzungen für einen guten Jahrgang waren ideal. „Der Traubenansatz ist schön, das Laub gesund – wenn wir jetzt noch drei, vier Wochen schönes Wetter haben, dann könnte es ein richtig guter Weinherbst werden, aber jetzt müssen wir einfach schauen, wie sich alles entwickelt“, sagt Benjamin Schütz.

Gegen den Einsatz einer Vollspritzung mit Spintor hat sich hingegen Reinhard Schäfer entschieden. „Das Mittel bekämpft alles, was Flügel hat“, ist sich der Kleinbottwarer Biowinzer sicher. „Auch die Nützlinge, die man sich im Weinberg über Jahre herangezogen hat. Und was passiert dann nächstes Jahr, wenn die natürlichen Gegenspieler der Schädlinge abgeschaltet sind? Ich fürchte die Retourkutsche.“ Darüber hinaus erwische man mit dem Mittel nur die erwachsenen Tiere – nicht die nächste Generation.

Einen Befall hat der Kleinbottwarer Winzer in seinen Weinbergen bisher auch noch nicht ausgemacht. „Ich betreibe im Moment mit Wasserglasspritzungen Prävention“, erklärt er. Sollte es dann doch einmal eng werden, wird er die so genannte Ködermethode einsetzen. Ein Liter des Köders, ein zähflüssiger Stoff auf Proteinbasis ohne Wirkstoff, wird mit 20 Liter pro Hektar Wasser ausgebracht. In diese Mischung werden dann fünf Milliliter Spintor zugesetzt.

Zum Vergleich: Bei ganzflächiger Behandlung ohne Köder werden 160 Milliliter pro Hektar eingesetzt. Die Behandlung, so Schäfer, erfolge oberhalb der Traubenzone, um die Insekten anzulocken. „Gesicherte Ergebnisse zum Erfolg der Ködermethode gibt es leider noch nicht, aber auch die ganzflächige Behandlung mit voller Menge Spintor ist keine Garantie für gesunde Trauben“, betont Schäfer. Darüber hinaus setzt Schäfer auch große Hoffnung in die Witterung, denn das derzeit doch etwas kühlere Wetter gefällt den kleinen Tierchen nicht.

Gelassen reagiert auch der Beilsteiner Kollege Bernd Gemmrich auf das Thema Kirschessigfliege. Kontrollfallen hängen, doch die Schadensschwelle ist Gemmrich noch nicht erreicht. „Ich bin mir nicht sicher, ob es sich bei dem Ganzen nicht nur um Panikmache handelt“, sagt er. Die befallenen Trauben müssten eben ausgelesen werden, so Gemmrich. Apropos Lese: Vor Mitte September wird das Gemmrichsche Lesegut nicht vom Stock geholt. „Die Lesehelfer sind auf den 14. bestellt.“ Insgesamt ist der Beilstein mit dem Traubenbestand im Wengert zufrieden. „Die Trauben sind gesund. Es kann einen ordentlichen Ertrag geben.“ Die aktuelle Witterung ist ganz nach seinem Geschmack. „Wenn es noch etwas kühl ist, dann geht die Reife nicht so schnell voran.“ Allerdings: auf die nächtliche Taunässe könnte er verzichten. „Das muss nicht unbedingt sein.“ Alles in allem könne es aber ein gutes Weinjahr 2014 werden.