Die Wintergerste ist ins Lager gegangen – so drücken es die Bauern aus. Foto: Oliver von Schaewen

Stürme haben Spuren hinterlassen. Insgesamt geht es dem Getreide aber ganz gut.

Bottwartal - Martin Petschl hat Glück gehabt. Die jüngsten Stürme haben seinen Feldern nichts anhaben können. Das war bei den meisten Kollegen des Marbacher Landwirts anders. „Die Wintergerste ist bei vielen ins Lager gegangen“, erzählt Petschl. Wind und Regen drückten die prallen Ähren nach unten – Halme liegen, statt zu stehen. Nicht so bei Martin Petschl. Er hatte sich im Herbst für eine Sorte mit verkürzten Halmen entschieden. „Ich bin froh, dass die Gerste stabil steht“, sagt er und erinnert an die extreme Kälte im Frühjahr. In dieser Zeit habe er mit seiner Sorte mehr Probleme gehabt als andere.

Wo auch immer die Wintergerste jetzt platt auf den Feldern liegt – ein Ernteausfall ist damit nicht automatisch verbunden. „Es sind noch vier Wochen. Nur wenn es bis dahin nass ist, kann es zu größeren Ausfällen kommen“, weiß Martin Petschl. Aufrichten wird sich die Wintergerste wohl höchstens noch an den Enden – aber heutzutage könnten Bauern auch liegendes Getreide dank moderner Mähdrescher ernten. „Man muss dann eben langsamer fahren.“

Insgesamt geht es dem Getreide derzeit ganz gut. Das hat mehrere Gründe. Zum einen war die Witterung in den vergangenen Wochen warm und feucht genug. „Wir hatten ja seit dem vorigen Sommer keine richtige Winterfeuchte“, blickt Martin Petschl zurück. Später aber fiel ausgerechnet immer dann Regen, wenn das Getreide Wasser brauchte. Zuletzt an Pfingsten. „Die 25  Liter pro Quadratmeter waren wichtig“, betont der Landwirt. Die Wintergerste – für viele Schweinezüchter das Mastmittel Nummer eins – habe sich bisher bei gemäßigten Temperaturen um die 20 bis 25 Grad sehr gut entwickeln können.

Das gilt auch für den Weizen und andere Agrarerzeugnisse wie Rüben, Mais und Raps. Letzterer wird ebenfalls in etwa vier Wochen als eine der ersten Feldfrüchte geerntet. Stichwort Raps: „Es wird wohl keinen Spitzenertrag, aber eine gute bis durchschnittliche Ernte geben“, prognostiziert Jürgen Häußermann, Geschäftsführer der Landwirtschaftlichen Absatzgenossenschaft (Labag) in Marbach. Der Raps habe mit dem Spätfrost im April zu kämpfen gehabt. „Die Blühphase war nicht günstig“, berichtet Häußermann. Es flogen wenige Insekten, aber durch den Wind habe es ausreichend Bestäubungen gegeben.

Sehr gut stehe aber der Weizen auf den Feldern, erzählt Häußermann. Der milde Mix aus Sonne und zeitweiligen Niederschlägen bekam der Königssorte hervorragend. Das habe auch am Start gelegen: „Im Unterschied zum Vorjahr war es bei der Aussaat im Herbst diesmal sehr trocken – dadurch hat das Getreide sofort tiefe Wurzeln bilden müssen – was sich im heißen Sommer bewährt.“ So könne auch der Weizen wochenlange Trockenperioden meistern. „Ich blicke deshalb ganz optimistisch der Ernte entgegen“, sagt Jürgen Häußermann. Dies auch im Unterschied zu Wein- und Obstbauern, die aufgrund des Spätfrostes im April mit einer Ausfallquote von etwa 50 Prozent rechnen müssen. „Im Obstbau dürfte der Verlust sogar noch höher sein“, vermutet der Labag-Geschäftsführer.

Passieren kann aber auch im Ackerbau bis zur Ernte noch viel. Hagelschlag oder extreme Dürre könnten noch zu Ausfällen führen, meint Albert Scholpp, Pflanzenbauberater des Landratsamtes Ludwigsburg. Die entscheidende Phase für die Kornbildung des Weizens beginne erst jetzt. Er werde wohl Ende Juli und Anfang August in etwa zeitgleich mit der Sommergerste und dem Dinkel geerntet. „Wir sind in diesem Jahr einige Tage im Rückstand im Vergleich zu den Vorjahren“, erklärt Scholpp, der nur in wenigen Gebieten des Kreises von Weizen, der ins Lager ging, erfahren hat. „Er wird sich wieder aufrichten – möglicherweise wird es vereinzelt ein paar Prozent Ertragseinbußen geben.“