Glyphosat ist vor allem unter dem Markennamen „Roundup“ bekannt. Foto: Archiv (dpa)

Auch wenn das Bundesinstitut für Risikobewertung das Mittel weiter zugelassen hat, wenden sich die Landwirte häufig von dem umstrittenen Herbizid ab.

Bottwartal - Das spektakuläre Urteil ist durch alle Medien gegangen: Ein US-Geschworenengericht hat einem Hausmeister Schmerzensgeld in dreistelliger Millionenhöhe zugesprochen, weil er nach dessen Ansicht durch die jahrelange Verwendung des Unkrautvernichters Glyphosat – bekannt vor allem unter dem Markennamen „Roundup“ – an Krebs erkrankt ist. Die Weltgesundheitsorganisation stuft das Mittel ebenfalls als „wahrscheinlich krebserregend“ ein, das Bundesinstitut für Risikobewertung glaubt das nicht. Im Jahr 2017 wurde das Totalherbizid nochmals für weitere fünf Jahre zugelassen. Doch einzelne Gemeinden haben reagiert. So hat beispielsweise der Gemeinderat von Steinheim Ende Juni entschieden, künftig bei Neuverpachtungen ihrer Flächen unter anderem den Einsatz von Glyphosat zu verbieten (wir berichteten).

Doch wie sieht es bei den Landwirten der Region aus?

Jürgen Häußermann, der Geschäftsführer der Agrargenossenschaft Labag, sagt, der Verbrauch von Glyphosat habe „gewaltig nachgelassen. Im Vergleich zu vor drei, vier Jahren sind es keine zehn Prozent mehr. Jeder ist sensibilisiert.“ Er beziffert den Verkauf noch auf „etwa 200 bis 400 Liter“. Über das Urteil des US-Gerichts sei man überrascht gewesen: „Glyphosat war jahrelang im Einsatz, und es gab nie ein Problem damit, weil es nur über die grünen Teile der Pflanze wirkt und keine Rückstände im Boden hinterlässt.“

Der Landwirtschaftsmeister Kurt Renz aus Höpfigheim hat dagegen andere Erfahrungen mit dem Mittel gemacht. „Vor ein paar Jahren musste man von der EU aus Flächen stilllegen, und als ich sie nach ein paar Jahren wieder nutzen wollte, war alles zugewuchert. Deshalb habe ich Glyphosat gespritzt. Als ich dann aber den Boden wieder umgebrochen habe, fielen mir lauter tote Regenwürmer auf.“

Auch sonst habe er nichts Lebendes mehr im Boden gefunden. Einmal aufmerksam geworden, las er die Anleitung genau durch und stellte fest, dass das Mittel tatsächlich dafür verantwortlich sein kann. „Und da habe ich mir gedacht: Das kann nicht sein, dass man seine wichtigsten Mitarbeiter kaputt macht.“ Regenwürmer seien extrem wichtig für den Boden.

Für ihn war das der Anlass, Glyphosat einmal und nicht wieder zu verwenden, und das, obwohl er kein Biolandwirt ist. Es sei zwar mehr Aufwand, die Unkräuter mechanisch zu beseitigen, aber in seinem Betrieb, welcher mit 220 Hektar einer der größten in der Region ist, sei das durchaus machbar. Denn: „Wir müssen über Generationen denken.“ Zum Glück setzten nur ganz wenige ihm bekannte Bauern „Roundup“ ein.

Wer es verwendet, gibt es aber nicht gern zu. Das hat zumindest ein Ökolandwirt festgestellt, der um des lieben Friedens mit seinen konventionell arbeitenden Kollegen willen seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will: „Als Bauer sieht man, wo Glyphosat gespritzt wurde, aber wenn man jemanden darauf anspricht, heißt es, das stimme nicht. Dabei ist das Mittel ja derzeit nicht verboten, also tun die Kollegen nichts Ungesetzliches und könnten auch einfach dazu stehen.“ Er selber sagt, vor allem die neuen Wildkräuter Amaranth und Hirse, die wie wild wüchsen, würden zwar viel Arbeit machen, doch er betont: „Es kann nicht sein, dass auf dem Acker nur noch Kulturpflanzen wachsen. Wovon sollen denn die Insekten leben?“ Seine Vermutung: „Viele haben wohl Angst, Spezialkulturen ohne den Einsatz von Glyphosat nicht mehr hochzukriegen.“

Jürgen Häußermann jedenfalls geht davon aus, dass der Einsatz des Totalherbizids zur nächsten Saison vollends auslaufen werde: „Die Landwirte haben Alternativen, da muss dann eben mehr Technik eingesetzt werden.“ Im Übrigen gebe es schon heute Verarbeiter wie Getreidemühlen, die den Landwirten vorgäben, dass auf ihren Feldern kein „Roundup“ mehr eingesetzt werden dürfe.