Vielleicht fährt irgendwann einmal eine Regionalstadtbahn durchs Bottwartal. Foto: Bottwartalbahn.de

Eine Bahnstrecke von Marbach bis nach Heilbronn? Für die überfüllten Straßen der Region wäre das eine Entlastung. Aber ist das überhaupt umsetzbar? Ein Fachmann sieht jedenfalls kein K.o.-Kriterium. Für Oberstenfelds Schultes ist die Finanzierbarkeit maßgeblich.

Bottwartal - Der Verband Region Stuttgart (VRS) vertritt weiter die Auffassung, dass die Reaktivierung der Bottwartalbahn die verstopften Straßen entlasten, den Pendlern einen zeitlichen Gewinn verschaffen und der Umwelt zugutekommen würde. Entsprechend attestieren die Planer der Verbindung zwischen Marbach und Beilstein im Entwurf zum neuen Regionalverkehrsplan eine hohe Dringlichkeit (wir berichteten). Ein Schritt, den Wolfram Berner ausdrücklich begrüßt. Der Experte für die Bottwartalbahn ist auch überzeugt davon, dass es keine unüberwindbaren Hürden für das Vorhaben gibt – selbst wenn beispielsweise Teile der Trasse bereits überbaut sind oder die Anbindung wie in Murr nach dem Geschmack des dortigen Bürgermeisters Torsten Bartzsch nicht optimal wäre. „Dafür könnte man Lösungen finden“, betont Wolfram Berner.

So kann er zwar die Bedenken von Bartzsch im Hinblick auf einen etwas abseits gelegenen potenziellen Haltepunkt in Murr nachvollziehen. „Darüber muss man natürlich diskutieren. Es bringt nichts, wenn die Züge am Kunden vorbeifahren“, stellt er fest. Trotzdem wäre das für ihn kein K.o.-Kriterium. Es müsste beispielsweise die Anbindung entsprechend ausgebaut werden. Stichwort Citybus. „Eine Verknüpfung mit Bussen ist immer ein wichtiges Kriterium“, sagt Berner. Und was mögliche Hindernisse wie die Bottwartalhalle oder den Steppi-Kreisel anbelangt: Darüber haben sich Berner und sein Mitstreiter Hans-Joachim Knupfer ebenfalls Gedanken gemacht. Ihre Lösungsansätze wollen sie bei einem Vortrag am 9. März in Steinheim präsentieren. „Wir haben zwar auch noch kein fertiges Konzept in der Tasche, aber Ideen“, sagt Wolfram Berner.

In welche Richtung es gehen könnte, was die Vereinbarkeit von Straße und Schiene anbelangt, deutet Wolfram Berner zumindest schon an: Er nennt den Begriff Regionalstadtbahn und erinnert an das Beispiel Heilbronn. „Da wurde eine Stadtbahn quasi in den Bestand gebaut, und das ging auch.“ Überhaupt schwebt ihm nicht nur eine Trasse zwischen Beilstein und Marbach vor, sondern eine Verlängerung nach Heilbronn. Das wäre im Sinne des Großbottwarer Bürgermeisters Ralf Zimmermann. „Es wäre sinnvoll, die Bottwartalbahn ans Netz in Heilbronn anzubinden“, erklärt er. Wolfram Berner macht zudem darauf aufmerksam, dass eine solche Verbindung nicht unbedingt schwerwiegende Eingriffe in die Natur mit sich bringen müsste. Eine Möglichkeit wäre, mit einem Bahnkörper zwischen den Schienen zu operieren, der begrünt werden kann – ein so genanntes Rasengleis. „Die Bahn soll sich ökologisch einbinden, ohne mehr Fläche zu versiegeln“, betont er. Die moderne Technik erlaube es sogar, auf Teilabschnitten auf Oberleitungen zu verzichten. Die Bahnen laden sich bei diesen Systemen zunächst auf, um dann Passagen ohne Stromzufuhr mit einer Art Akku zu überwinden. „Unsere Rolle bei all dem ist aber auch klar: Wir sehen uns als Impulsgeber. Das Zepter müssten schon die Kommunen in die Hand nehmen“, sagt Wolfram Berner.

Die an der Trasse liegenden Gemeinden und Städte müssten sich abstimmen, bestätigt Ralf Zimmermann. „Der nächste Schritt wäre, dass sich die Bürgermeister zusammensetzen und sich besprechen“, findet auch sein Oberstenfelder Amtskollege Markus Kleemann. Er ist allerdings auch gespannt, ob die Region ebenfalls aktiv wird. Markus Kleemann macht überdies unmissverständlich klar, dass eine weitere Untersuchung zur Bottwartalbahn nur unter einer Prämisse Sinn ergibt: „Es muss deutlich zu erkennen sein, dass das zu etwas führt. Und es sollte eine Aussicht auf Erfolg bestehen“, sagt er. Es bringe nichts, eine Expertise alleine für den Papierkorb zu produzieren.

Wichtig ist für Kleemann ebenfalls, dass das auf grob 75 Millionen Euro taxierte Projekt finanziell zu stemmen ist. Das gelte sowohl für eine etwaige Untersuchung als auch für den Bau und den laufenden Betrieb der Bahn. Bei der Umsetzung müssten Land, Landkreis, Region und die Bahn selbst mit im Boot sein und ihren Beitrag leisten. Insofern sei es zwar „schön und gut“, dass die Region der Bottwartalbahn eine hohe Dringlichkeit beimesse. Die Frage sei aber, wie sich das Ganze finanzieren lasse. Fakt sei jedoch auch, dass die Trasse in Oberstenfeld konsequent freigehalten wurde, um die Chance auf eine Wiederbelebung der Strecke nicht zu verbauen.

In Großbottwar steht hingegen die Kellerei auf der Trasse. Allerdings auf der alten, betont Ralf Zimmermann. Die neue Streckenführung habe hier eine Art Unterführung vorgesehen, erläutert der Schultes, der sich klar dafür ausspricht, das Projekt nochmals durchuntersuchen zu lassen. Wenn sich dabei herausstelle, dass es sich rechne, könne man sich über die genaue Trassenführung Gedanken machen. Falls sich die Linie nicht rentiere, sollte man es sein lassen. „Wir sind aber grundsätzlich offen dafür“, konstatiert er.

Laut dem Landkreis liegt der Ball bei den Kommunen

Der Murrer Bürgermeister Torsten Bartzsch bezweifelt, dass der Zeitpunkt schon reif ist, das Projekt Bottwartal wieder anzustoßen. Beim Landkreis habe man mit der Stadtbahn von Remseck nach Markgröningen eine andere Priorität gesetzt. „Mit den derzeit vorhandenen personellen Ressourcen wäre es tatsächlich schwierig, beide Projekte parallel mit gleicher Intensität zu betreuen“, bestätigt Annegret Kornmann, Pressesprecherin des Landratsamts. Es müsste dann personell aufgestockt werden. Die Frage der Finanzierbarkeit spiele indes zunächst eine untergeordnete Rolle. Davor müsse die Realisierbarkeit geprüft werden. „Erst wenn die bejaht ist und die möglichen Investitions- und Betriebskosten bekannt sind, müssten die Gremien des Kreises und aller beteiligten Kommunen klären, ob das Projekt finanziert und umgesetzt werden kann“, betont Kornmann. Der Stein müsste aber von den Kommunen ins Rollen gebracht werden. Eine einheitliche Haltung aller Anrainer und ein entsprechender Antrag an den Landkreis seien Voraussetzung für eine Wiederaufnahme des Projekts. Dann könnte erneut ein Gutachten in Auftrag gegeben werden. Die Pressesprecherin erinnert an eine Expertise von 2004, die für die Bottwartalbahn einen überschlägigen Kostenfaktor von 0,89 für einen elektrischen und einen Wert von 1,03 für einen Dieselbetrieb ergeben habe. Liegt der Faktor über 1, übersteigt der Nutzen die Kosten. Aufgrund der knappen Ergebnisse hätten sich die Kommunen damals entschlossen, die Fortführung der Standardisierten Bewertung nicht zu beauftragen. Ob mittlerweile geänderte Rahmenbedingungen vorliegen, die zu einem höheren Nutzen-Kosten-Faktor führen könnten, lasse sich nicht ohne Weiteres abschätzen – sondern nur über ein neues Gutachten klären.