Die Netze aus Südtirol erinnern ein wenig an Christos Foto: Werner Kuhnle

Die Weingärtner stehen kurz vor der Lese – da macht sich ein Schädling bemerkbar: Offenbar hat die Kirschessigfliege wieder Appetit.

Bottwartal - Und plötzlich ist sie wieder da – die Kirschessigfliege. Das feuchtwarme Wetter der vergangenen Tage liebt die von den Wengertern gefürchtete Taufliege. Entsprechend schnell vermehren sich Männlein und Weiblein derzeit. Als der Beilsteiner Bio-Wengerter Hartmann Dippon vergangene Woche einen Kontrollgang durch eine Rebzeile am Weinlehrpfad des Schlossgutes Hohenbeilstein gemacht hat, traute er seinen Augen nicht. „In einer Zeile läuft unten schon die Suppe raus“, sagt der Beilsteiner. Die bislang unbenannte Versuchsrebsorte der Weinbauschule scheint der Kirschessigfliege besonders zu munden.

In den anderen Weinbergen ist die Situation nicht akut, aber angespannt. Mit bloßem Auge sieht man die Männchen, die auf ihren Flügeln einen schwarzen Fleck haben. „Angestochen ist noch nicht viel, aber das kann sich ganz schnell ändern“, weiß Hartmann Dippon. Der Grad des Befalls hängt von unterschiedlichen Faktoren ab: Von der Sorte, von der Farbe, von der Stärke der Schale et cetera. „Wir wollten eigentlich nächstes Frühjahr Trollinger neu pflanzen, sind jetzt aber am Überlegen, ob wir das nicht lassen sollen, denn Dornfelder und Trollinger sind besonders gefährdet“, sagt Dippon.

Hatte er vergangenes Jahr noch Auffangflaschen in den Weinbergen aufgehängt, verzichtet er dieses Jahr darauf. Der Grund: Sein Weinbauberater hatte in den Raum gestellt, dass der Schuss sozusagen auch nach hinten losgehen könnte. Nämlich dann, wenn die Flaschen die Viecher nicht auffangen, sondern anlocken. „Wir sind relativ hilflos“, so Dippon. Die Prophylaxe in Form von Entblätterungsarbeiten und das kurze Mähen der Zwischenzeilen wurde erledigt. Das Spritzen des Insektizides Spintor ist für den Beilsteiner keine Option – auch wenn er es als Biobetrieb mit einer Sondergenehmigung dürfte. „Die Wartezeit nach dem Spritzen beträgt für einen konventionellen Betrieb zwei Wochen und für uns drei Wochen – das bedeutet, dass es angesichts des Reifegrades eh nicht mehr machbar wäre.“ Doch selbst wenn die Zeit da wäre, würde der Biowinzer Spintor nicht einsetzen. „Das würde alle unsere Nützlinge im Weinberg killen und ist schon allein aus diesem Grund keine Option. Wir machen nichts und hoffen, dass es gut geht.“

Sein Höpfigheimer Kollege, Benjamin Schütz, lässt ebenfalls die Finger von Spintor. „Ich weigere mich, reife Trauben mit einem Insektizid zu spritzen“, sagt er. Die einzig sinnvolle Lösung, die Schütz derzeit sieht, ist das Einnetzen von einzelnen Rebzeilen. Aus Südtirol hat sich der Höpfigheimer dafür extrem dünnmaschige Netze kommen lassen. Vor zwei Wochen hat Benjamin Schütz rund die Hälfte der Ernte in zwei Weinbergen, die mit einem Frühburgunder sowie der pilzwiderstandsfähigen Sorte Cabernet Carbon bestockt sind, eingenetzt. Vom Effekt ist der Jungwinzer begeistert. Dennoch ist seine Strategie angesichts der schon guten Oechslegrade in diesen Tagen: Ertragssicherung geht vor Qualitätssicherung.