Karin Götz Foto: mz

Der Beruf des Journalisten ist und bleibt ein Traumjob. Ein abwechslungsreicher Traumjob.

Großbottwar-Winzerhausen - Ich geb’s zu. Es kommt immer wieder vor, dass ich über Stress und Termindruck im Job stöhne. Das Telefon steht nicht still, die Bürotür geht ständig auf und zu, die nächste Sitzung beginnt viel zu früh und endet viel zu spät. Grrrrr. „Das Leben ist kein Ponyhof“, hat der Manager der Fantastischen Vier, Andreas Bär Läsker, in einem Interview einmal zu mir gesagt. Der Satz hat sich mir eingeprägt und ich hab’ mich schon dabei erwischt, wie ich ihn an meinen Jüngsten weitergegeben habe – um ihm die Bedeutung schulischen Lernens zu vermitteln. Die spontane Antwort meines Neunjährigen bringt mich jetzt noch zum Lachen: „Mama, ich find Ponys eh blöd.“ Kindliche Logik in Vollendung.

Stress, Zeitdruck und Ärger kennen und haben wir alle. Und doch liebe ich meinen Job. Das ist mir diese Woche wieder bewusst geworden, als ich am bisher heißesten Tag des Jahres den Computer herunterfahren durfte, um mich in Winzerhausen mit Roland Draht zu treffen. Seit knapp einem Jahr lebt der Heilpraktiker, Wildkräuter-Experte, Sanologe, Yogatrainer und Autor in dem Großbottwarer Stadtteil. Sein jüngstes Werk ist ein Praxishandbuch der Teetherapie. Gesund leben und sich wohl fühlen mit der Kraft der Natur – in seinem Buch erklärt der 70-Jährige, wie das geht. Praxisnah.

Da sitze ich also mitten am Nachmittag zwei Stunden auf einer Wiese des Winzerhäuser Ortsvorstehers Friedrich Link unter einem Obstbaum im Schatten und lasse mich von dem redseligen Neu-Winzerhäuser in die Welt der Wildkräuter einführen. Was für ein Privileg. Es sind Begegnungen wie diese, warum ich meinen Job so liebe. Das Eintauchen in die Biografie eines mir bis dato fremden Menschen, der mich an seinem grenzenlos erscheinenden Wissen über die Schätze der Natur teilhaben lässt, von dem ich dann auch in meinem Privatleben profitieren kann.

Statt sich über den Löwenzahn auf dem heimischen Rasen zu ärgern, werde ich ihn künftig aus dem Garten in die Küche holen und zusammen mit Bärlauch und Brennnesseln einen Wildkräutersalat zaubern. Letztere hab ich das erste Mal in meinem Leben sozusagen frisch von der Wiese weg gegessen. Nach einer behutsamen Einführung darüber, wie ich verhindern kann, dass ich mir beim Essen den Mund verbrenne. Und weil mein Gesprächspartner es besonders gut mit mir meinte, habe ich sogar noch ein Brot mit einem Wildkräutersalat mitbekommen. Das kam daheim auf den Abendbrottisch und wurde – Sie können es sich denken – vom Nachwuchs anfangs mit Skepsis beäugt. Aber wenn die Mama dann aus dem Schwärmen gar nicht mehr herauskommt, siegt die Neugierde doch irgendwann. Sie können es sich denken. Am Ende blieben mir nur noch Krümel und der Hinweis, dass ich den Löwenzahn aber selbst einsammeln kann.