Gunter Haug hat im Museum im Adler gelesen. Foto: Werner Kuhnle

Der Schriftsteller Gunter Haug hat im Museum im Adler in Benningen eine Lesung gehalten. „Wir sollten unsere Errungenschaften verteidigen“, lautete sein Plädoyer.

Benningen - Umgeben von Exponaten, die Geschichte erzählen, hat auch Gunter Haug im Museum im Adler Geschichten erzählt: packend und berührend. Haug war am Donnerstag einer Einladung des Benninger Bunds für Heimatkunde gefolgt und hat aus dem Tatsachenroman „Die Töchter des Herrn Wiederkehr“ gelesen. Der Autor studierte Geschichte und empirische Kulturwissenschaft, was bei Haug zur Folge hat, dass die einfühlsamen Lebensbeschreibungen stets in einen historisch korrekten Kontext gebettet sind.

Doch nicht nur akkurates Zeiterfassen zeichnet den Schreiber aus: Haugs Lesungen sind auch Hörgenuss. Mit: „Wir sind gespannt, was Sie uns bringen werden“, äußerte auch Museumsmitarbeiterin Sonja Hähnlen ihre Vorfreude. Wohlwissend, dass Haug spannend, empathisch und mit großem Erzählertalent in seine Figuren eindringt, die er an realen historischen Vorbildern orientiert. Zahlen und Fakten stimmen, nur die Dialoge und emotionalen Zuordnungen sind bei Haug fiktiv. Das alles ist so mitreißend und unterhaltsam, dass Haug die Besucher auch in Benningen tief in seinen Bann zog.

Sein aktuelles Werk bedient sich einer Lebensgeschichte „aus der Familie meiner Frau“. Eine Familie, aus der schon andere erfolgreiche Romane hervorgegangen sind. Ungefähr je ein Jahr lang arbeitet der regionale Autor an den wahren Schicksalsschilderungen, die vielfach zu Bestsellern wurden, und im neuesten Fall, die Ur-Großmutter seiner Ehefrau Karin in den literarischen Mittelpunkt rücken. Die Protagonistin steht stellvertretend für viele ihrer Geschlechtsgenossinnen, die im 19. Jahrhundert ein leidvolles Dasein hatten. Bestechend agiert der Schreiber darin, mit seiner Einfühlsamkeit, die Bedrängnisse in Worte zu kleiden. Die erreichen auch moderne Zeitgenossen in der Tiefe.

Geschickt geht Haug auch vor Ort vor: mit schwäbisch-handfesten Beschreibungen gibt er den handlungstragenden Figuren ebenso ein Gesicht, wie er es durch amüsante Anekdoten aus seiner Kindheit und den Zeilen im Buch tut. Dieser lebhafte Mix wirkt noch bezwingender, weil der Autor gerne Parallelen zur derzeitigen Gesellschaft aufzeigt und betont: „Aus diesen Geschichten sollten wir lernen. Etwa, wie wichtig es ist, unsere Errungenschaften zu verteidigen.“ Und eines ist Haug auch klar: Die bestürzenden Lebenserfahrungen, die viele vor rund 150 Jahren machen mussten, dürften „uns demütig machen und zur eigenen, größeren Zufriedenheit beitragen“.