Selbst mal im Rollstuhl zu sitzen ist die beste Methode, sich in Behinderte hineinzuversetzen. Foto: Frank Wittmer

Das Projekt „Handicap macht Schule“ der SportRegion Stuttgart weckt bei den Kindern die Neugierde. Die Viertklässler der Grundschule nehmen am Rollstuhlbasketball teil und lernen dabei das Leben mit Behinderung kennen.

Benningen - Arne fegt im Rollstuhl durch die Halle. Vorwärts und rückwärts fahren, bremsen und enge Drehungen haben die Viertklässler schnell heraus. „Das macht echt Spaß“, sagt ein Klassenkamerad, der in dem wendigen Sport-Rolli schnell ein paar Tricks gelernt hat.

Dass „Behinderte“ nicht völlig hilflos sind, demonstriert der querschnittsgelähmte Werner Rieger sehr eindrucksvoll. Er kippt seinen „Alltags“-Rollstuhl nach hinten und fährt eine Runde. „Hindernisse bis 14 Zentimeter Höhe schaffe ich problemlos. Nur bei Treppen wird es schwierig.“ Auch den Wechsel in den mitgebrachten Sport-Rolli meistert der Athlet mühelos. „Cool“, finden das die Viertklässler der Grundschule Benningen.

Das gemeinsame Projekt „Handicap macht Schule“ der SportRegion Stuttgart und dem Württembergischen Behinderten- und Rehabilitationssportverband soll Kinder für Menschen im Rollstuhl sensibilisieren. Mit den speziellen Sport-Rollstühlen düsen die Kinder die Halle rauf und runter, passen sich die Bälle zu und versenken den ein oder anderen im Korb.

Dass das nicht so einfach ist wie auf zwei Beinen, muss auch Arne lernen. Dribbeln, passen und Bälle fangen ist im Rollstuhl eine echte Herausforderung. Andererseits: Die Unterschiede gleichen sich an, die Karten werden neu gemischt, wer eine Sportskanone ist und wer dabei eher Schwierigkeiten hat.

Natürlich gibt es Regeln beim Rollstuhlbasketball. Aufstehen beispielsweise ist nicht erlaubt. „Das ist ein Foul“, erklärt Rieger. Der ehemalige Bundesligaspieler und Trainer beim TSV Ellwangen zeigt den Kindern auch einige Tricks: „Wenn der Ball am Boden liegen bleibt, ist es ziemlich schwierig, ihn wieder hoch zu bekommen.“ Fährt man am Ball vorbei und drückt das Leder im richtigen Moment ans Rad, kommt er aber fast ganz von alleine nach oben. Natürlich muss auch das erst mal geübt werden.

Das Rolli-Fahren nicht immer nur Spaß ist, weiß der seit seinem 19. Lebensjahr gelähmte Werner Rieger aus eigener Erfahrung: „Man muss alles wieder lernen.“ Draußen ist es nicht immer lustig. Hohe Bordsteinkanten, Treppen oder steile Anstiege machen das Rollstuhlfahren zur Tortur. „Ab und zu braucht man Hilfe. Wenn ihr einen Rollstuhlfahrer seht, scheut euch nicht. Geht einfach hin und fragt. Oft geht’s nicht allein. Und wenn’s dann klappt, haben beide ihren Spaß.“ Den haben auch die Kinder bei der nächsten Runde Rollstuhlbasketball. „Das ist ein ganz anderes Spiel, viel mehr mannschaftsbetont“, sagt Werner Rieger. Und das Gute auch für die Kinder ohne Behinderungen: „Alle haben eine Chance mitzuspielen.“ Der Rollstuhl gleicht andere kleine Unterschiede aus. So haben auch Kinder ein Erfolgserlebnis, die beim körperbetonten Sport nicht so zum Zug kommen.

Die Lehrerin Lilo Hass-Holzer ist begeistert. „Wir machen jedes Jahr bei dem Angebot der Sportregion mit.“ Und die Drittklässler dürfen zugucken. „Damit sie schon mal wissen, was sie im nächsten Jahr erwartet.“