Der Angelsee liegt idyllisch Foto: Michael Raubold Photographie

Der Angelverein Murr kümmert sich unter anderem um einen See kurz vor Kaisersbach. Dort werden Forellen aufgezogen und geangelt.

Beilstein/Murr - Eigentlich ist Angeln Entspannung pur. Die Seele baumeln lassen, abschalten von was auch immer. Wenn aber der Schwimmer zuckt, dann steigt beim Angler das Adrenalin. „Jetzt nicht nervös werden“, sagt Jobst Schaaf. Während die Forelle am Köder schnuckelt, bleibt er deshalb ganz ruhig. Auch, als klar ist, dass sie zugeschnappt hat – dabei geht nämlich der Schwimmer unter. Ganz langsam holt der Schriftführer des Murrer Angelvereins die Schnur ein. Direkt vor ihm, im seichten Wasser des Ufers, lässt er den Fisch „auspowern“, wie er sagt. Das geht recht schnell. „Eine Forelle macht nicht so viel Alarm an der Angel wie zum Beispiel ein Karpfen oder ein Stör. Die haben einiges an Kraft, da sieht das anders aus.“

Es ist fast mucksmäuschenstill am See des Murrer Angelvereins. Kein Wunder, er befindet sich weit draußen hinter Beilstein-Schmidhausen, kurz vor dem Weiler Kaisersbach. Ab und zu brummt ein Auto auf der nahe gelegenen Straße nach Löwenstein vorbei. Ansonsten: Vogelgezwitscher und ein letztes Plätschern der Forelle. Die wird jetzt mit dem Kescher aus dem Wasser gezogen und findet betäubt durch einen Schlag auf den Kopf und letztlich durch einen Stich ins Herz ihr Ende.

50 Aktive hat der Murrer Angelverein, der 1983 gegründet wurde. Hinzu kommen 20 jugendliche Angler. Jeder darf eine bestimmte Anzahl von Fischen pro Jahr angeln – an dem See bei Kaisersbach sind es beispielsweise 30 Fische pro Person. Hinzu kommen zehn am Feuersee in Kleinbottwar und 15 in einem Abschnitt der Murr. In den Fluss setzen die Angler im Gegenzug Brut hinein. Für die Fische in den Seen sorgen die Vereinsmitglieder ebenfalls großteils selbst. Allein in Kaisersbach gibt es zwei Aufzuchtbecken. Momentan sind sie leer, weil die Fische groß genug für einen Umzug in den Angelsee waren. „Wir kaufen kleine Forellen und ziehen sie ein halbes Jahr lang hoch“, erklärt Jobst Schaaf. Zu fressen gibt es für den Nachwuchs „Forellis“, wie er augenzwinkernd bemerkt. Letztlich handle es sich um kleine Pellets, in denen alles Nötige für die jungen Fische steckt. Der Futterdienst kommt mehrmals die Woche und kümmert sich um die kleinen Fische.

Überhaupt haben die Vereinsmitglieder einiges zu tun. Es existiert nicht nur ein Futterdienst, sondern auch ein Mähdienst und diverse andere Arbeitsdienste. Das ist auch nötig, denn es gibt eigentlich immer etwas zu tun. Im vergangenen Jahr wurde die Fassade der Fischerhütte neu verkleidet, heuer ist das Innere an der Reihe, das im Laufe der Jahre feucht geworden war. Die Arbeiten erledigen die Vereinsmitglieder in Eigenleistung. Schaaf: „Bei einem Verein von 50 Leuten ist fast jedes Handwerk einmal dabei, das ist ganz praktisch.“

Inzwischen hat sich auch der Vereinsvorsitzende Philipp Eberle zu Jobst Schaaf am Ufer des Angelsees bei Kaisersbach gesellt. Er hat eine Dose Mais dabei. Während Jobst Schaaf den ersten Fisch noch mit Forellenteig in Neonfarbe geangelt hat, probiert er jetzt sein Glück mit dem Mais. „Mais ist schön gelb und riecht gut. Gerade Forellen kann man gut damit anlocken“, sagt Philipp Eberle. Letztlich sei es aber jedem Angler selbst überlassen, welchen Köder er verwendet. „Da hat jeder so seine Favoriten.“ Der momentane Geheimtipp sei Räucherlachs. „Da gehen vor allem Störe drauf.“ Der Vorsitzende selbst schwört auf dicke, weiße Maden. Aber auch der Mais sei nicht zu verachten. „So etwas hat man gern im Vorrat. Das ist praktisch. Wenn man sonntags spontan angeln geht und kein Zoogeschäft offen hat oder keine Maden in der Biotonne sind…“ Der Vorsitzende grinst. Bei den Anglern geht es lustig zu, das wird schnell klar. „Bei unseren Treffen kommt das Anglerlatein nicht zu kurz“, berichtet Jobst Schaaf. Deshalb schätzt er die beiden eben gefangenen Forellen auch auf „knapp einen Meter. Mindestens.“

Wieder wirft er die Angel aus. Und schnell beißt eine weitere Forelle. Die Tiere scheinen am Mais wirklich Gefallen zu finden. Nach einem vierten Fisch ist dann allerdings Schluss. Mehr darf ein Angler pro Tag nicht aus dem See holen. Der Angelausflug endet mit dem Ausnehmen der Fische. Wie das genau geht, lernen die Angler, wenn sie ihren Bundesfischereischein machen. Wichtig dabei ist auf jeden Fall, die Galle nicht zu treffen, sonst wird der Fisch ungenießbar.

Die verzehrfähigen Fische dürfen dann gleich auf den Grill – oder mit nach Hause genommen werden, denn der Selbstgefangene schmeckt am besten, sind sich die Angler sicher. Manchmal läuft es aber nicht so gut wie an diesem frühen Sommerabend. „Man fängt nicht immer was“, sagt Jobst Schaaf, der nicht nur einmal leer nach Hause gegangen ist. Stören tut ihn das aber meist nicht. Denn die Erholung, die Entspannung, die das Angeln bringt, die ist dennoch da – ob mit Fang oder ohne.