Natascha Leitz, Karin Götz, Hans Joachim Stein, Heinz-Werner Neudorfer, Hamid Mouhammad, Christoph Lücke und Patrick Holl (von links) haben sich auf dem Schlossberg ausgetauscht. Foto: avanti

Die evangelische Kirche Beilstein-Billensbach hat eine „Nacht der Freiheit“ veranstaltet,

Beilstein - Trotz der Ungewissheit, ob das Gewitter noch herüberzieht nach Beilstein, sind etwa 80 Gäste auf den Schlossberg gekommen, um an der „Nacht der Freiheit“ teilzunehmen, zu der die Evangelische Kirchengemeinde Beilstein-Billensbach eingeladen hatte. Und während des ersten Teils der Veranstaltung stehen sechs Gesprächsteilnehmer bei leichtem Nieselregen Rede und Antwort. „Besonders berührt haben mich in der Gesprächsrunde die Momente, in denen es ganz persönlich wurde“, sagt Pfarrer Hans Joachim Stein nach der Veranstaltung. An diesem Freitag fanden im ganzen Land an verschiedenen Orten „Nächte der Freiheit“ im Rahmen des 500-Jahr-Reformationsjubiläums statt. Dass das Schlossgut Hohenbeilstein und das Haus der Kinderkirche für das dreiteilige Programm zusammenarbeiten, freut Pfarrer Stein. Und: „Draußen im Freien hat man ja auch ein Gefühl von Freiheit.“

Als erste Gesprächspartner holt sich Stein den Beilsteiner Bürgermeister Patrick Holl und Dekan Heinz-Werner Neudorfer nach vorne an die Stehtische. Von ihnen möchte der Moderator wissen, ob sie ihren Beruf jungen Menschen empfehlen könnten. Darauf entgegnet Holl, dass er als Schultes viel Gestaltungsfreiheit habe. Doch zu dieser beruflichen Freiheit würden Vertrauen und Verantwortung gehören: „Man trägt eine hohe Verantwortung, dem entgegengebrachten Vertrauen gerecht zu werden.“ Und Dekan Neudorfer gibt zu bedenken, dass es ja auch darauf ankomme, was man unter Freiheit verstehe. „Freiheit ist für mich Leben mit Gott.“

Anschließend kommt Pfarrer Stein mit Karin Götz, Leiterin der Lokalredaktion der Marbacher Zeitung, auf die Pressefreiheit in Deutschland zu sprechen. Sie schätzt sie als hohes Gut – das es zu bewahren gilt und für das man sich einsetzen muss. Sorgen bereitet ihr, wie in anderen Ländern mit Journalisten umgegangen wird und wie sich das Thema „Fake-News“ entwickelt. Im Alltag habe sie schmerzlich lernen müssen, Freiräume zu schaffen und Grenzen zu ziehen. Das kann auch der ehemalige Beilsteiner Arzt Christoph Lücke bestätigen, der auf dem Markt schon Krampfadern präsentiert bekommen habe und um ärztlichen Rat gebeten worden sei. „Wichtig ist, dass man sich nicht über seinen Beruf definiert, sondern dass man ein Mensch ist.“ Er könne nun in seinem Ruhestand Freiheit leben, wie er sie auch im Berufsleben hatte.

Mit Pfadfinderin Natascha Leitz und Flüchtling Hamid Mouhammad aus Syrien kommen nun ganz neue Aspekte zum Thema Freiheit auf. Pfarrer Stein, so sagt er, denke bei Pfadfindern an Lagerfeuer und Freiheit, aber auch an die Einheitstracht und Natascha Leitz antwortet: „Ich fühle mich da, wo unsere Gemeinschaft ist, immer frei.“ Und Freiheit sei für sie als christliche Pfadfinderin, „dass ich im Glauben hinterfragen darf.“ Und als Hamid Mouhammad gefragt wird, ob Deutschland ein Land der Freiheit sei, erzählt er, wie er in seiner Heimatstadt Aleppo auf dem Schulweg verhaftet wurde. Einen Monat lang war er– eigentlich grundlos – im Gefängnis: „Da kannst Du merken, wie Freiheit ist.“

Nach dieser inspirierenden Gesprächsrunde machen sich alle auf den Weg zu sieben verschiedenen Stationen im Haus der Kinderkirche, um „Freiheit mit allen Sinnen“ zu erleben: Gespräche, Musik, eine Mal- und Schreibwerkstatt, Spiele rund um Luther, Botschaften an einem Holzbalken, gemeinsames Tanzen oder Schweigen bringen ganz neue Impulse zum Thema Freiheit, bevor ein gemeinsames Nachtessen im Schlosshof den Abend beschließt.