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Die Tarifzonenreform bringt bei Nahverbindungen wie im Bottwartal nichts.

Beilstein/Pleidelsheim - Ob die Tarifzonenreform des Verkehrsverbunds Stuttgart (VVS) ab dem neuen Jahr der große Wurf ist oder nicht, darüber wird trefflich gestritten. Für die Stadt Stuttgart und wer dorthin will, ist die Auflösung der Innenstadtwaben in eine Zone sicher ein großer Vorteil. Und auch für das ganze Netz gilt: Bei neun Ringen statt wie bisher rund 50 Zonen kann man auf jeden Fall von einer Vereinfachung sprechen. Geringer wird der Gewinn, je weiter weg man von Stuttgart wohnt. Manche Gemeinden fühlen sich abgehängt. So etwa Beilstein, das in manchen Darstellungen der neuen VVS-Zonen wie „drangepäppt“ wirkt. „Leider ein Neustart ohne Beilstein“, meint der CDU-Stadtverbandsvorsitzende Oliver Kämpf.

Sicher wird es auch von der Langhansstadt günstiger, mit Bus und Zug nach Stuttgart zu fahren: Es fällt ja eine Zone weg. Allerdings hatten einige in Beilstein gehofft, so Kämpf, dass man mit Oberstenfeld, Großbottwar und Steinheim in die neue Zone 5 rücken könnte. Dies hätte den Nahverkehr nicht nur beim Schülertransport vereinfacht. „Anstatt also im Bottwartal näher aneinander zu rücken, wird eine Kluft aufgetan zwischen der Langhansstadt und den restlichen Gemeinden an der Bottwar“, schreibt Kämpf in einer Pressemitteilung.

Ähnlich geht es Pleidelsheim. Schon seit Jahren gibt es hier den Wunsch, an den Rand der Zone 44 (alt) oder 3 (neu) gerückt zu werden. SPD-Gemeinderat Hermann Höhne hatte in einem Statement kürzlich die Anbindung Pleidelsheims an das S-Bahn-Netz in Freiberg als sehr wichtig für die Spargelgemeinde hervorgehoben und durchaus anerkannt, dass es für Pendler nach Stuttgart künftig einfacher und auch günstiger werde. Höhne hatte aber auch bedauert, dass der Nahverkehr keine Vorteile von der Tarifreform haben werde. Die Zoneneinteilung sei nach wie vor auf Stuttgart fokussiert, Quer- und Nahverbindungen würden nicht begünstigt werden.

Dabei gibt es durchaus auch Gewinner. Wer von Affalterbach nach Stuttgart will, muss derzeit, um mit dem Bus nach Marbach zu S-Bahn zu kommen, für zwei Zonen bezahlen. Ab nächstem Jahr liegen Marbach, Erdmannhausen und Affalterbach in einer Zone. Statt bisher fünf Zonen werden es von Affalterbach nach Stuttgart nur noch drei sein. Wer von Benningen zum Flughafen will, hat künftig nur noch vier statt bisher sechs Zonen vor sich. Der Benninger Bürgermeister Klaus Warthon sieht nicht nur als überzeugter Bahnfahrer, sondern auch politisch große Vorteile durch die Tarifreform.

Zurück zu Beilstein: Die Formulierung, es habe „keine Kommunikation“ gegeben, will der CDU-Stadtverbandsvorsitzende Oliver Kämpf nicht auf die Stadtverwaltung bezogen wissen, sondern meint damit, dass der Verband Region Stuttgart als Auftraggeber sich nicht genügend um die Belange der Randgemeinden gekümmert habe, zumal Beilstein aus der Region Heilbronn ja sogar Mitglied im VVS sei. Die Tür ist indessen nicht zugeschlagen, ist der Beilsteiner Bürgermeister Patrick Holl überzeugt. „Wir haben Kontakt zum Verband Region Stuttgart aufgenommen“. Man lasse die Frage klären, ob Beilstein auf die Grenze der Zone 5 „vorrücken“ kann. „Was uns das kosten wird, kann ich nicht beziffern“, so Holl. Die Summe müsse der VVS berechnen. „Dann können wir eine kommunalpolitische Entscheidung treffen.“ Die Bottwartalbahn hält Holl für ein „großes Projekt“. „Das ist schön, dass hier die Regionen Stuttgart und Heilbronn an einem Strang ziehen. Das wäre wünschenswert, wenn das auch beim Busverkehr der Fall wäre“, spielt Holl auf die „Außenposition“ der Stadt Beilstein beim VVS an.

Oberste Prämisse bei der Planung des neuen VVS-Tarifs sei gewesen, so Pia Karge von der Stabsstelle Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des VVS, „dass kein Fahrgast schlechter gestellt wird als bisher“. Es werde im Jahr 2019 keine Tariferhöhung geben, verspricht die VVS-Sprecherin. Ein Großteil der Fahrgäste profitiere daher vom neuen VVS-Tarif, weil sie künftig mindestens eine Zone weniger zahlen müssen als bisher. „Das ist auch bei Beilstein der Fall“, betont Karge. Beilstein liegt jetzt im 70er-Ring, ab 1. April 2019 gehört die Langhanssstadt zur Ringzone 6. „Fahrgäste aus Beilstein, die beispielsweise in die Stuttgarter Innenstadt fahren, brauchen dafür künftig nur noch sechs statt sieben Zonen zu zahlen, auch die Fahrt zum Flughafen wird günstiger.“

Weil Beilstein aber nicht im Kerngebiet des VVS, sondern im Landkreis Heilbronn liege, sei es grundsätzlich nicht an den Mehrkosten durch den neuen VVS-Tarif beteiligt. Die rund 42 Millionen Euro werden von der Landeshauptstadt Stuttgart, den vier Verbundlandkreisen Böblingen, Esslingen, Ludwigsburg und Rems-Murr-Kreis und – aus Gründen der Luftreinhaltung – vom Land Baden-Württemberg finanziert.

Dass es zu wenig Kommunikation gegeben habe, will die VVS-Sprecherin so nicht stehen lassen. „Beilstein ist nicht auf uns zugekommen und wir auch nicht proaktiv auf Beilstein. Genauso wenig haben wir anderen einzelnen Kommunen eine Verlegung angetragen.“

Grundsätzlich sei man gerne bereit, über Neuerungen zu reden und in Verhandlungen zu treten. Jedoch müsse die Änderung ins Tarifgefüge passen und es eine Finanzierungsbereitschaft bestehen. Beziffern lassen sich die Kosten für eine Verlegung Beilsteins in die Zone 5 „auf die Schnelle nicht“.