Foto: KS-Images.de

Der Herbstauftakt läutet in Beilstein normalerweise die Lese ein – diesmal jedoch sind die Weingärtner zwei Wochen früher dran als sonst.

Beilstein - Prinzessinnen reisen eigentlich standesgemäß mit der Kutsche. Nicht so die Beilsteiner Weinprinzessin Franziska I. Sie fuhr beim historischen Beilsteiner Herbstauftakt auf einem schön geschmückten Leiterwagen, der von einem alten Traktor gezogen wurde. Auch ihr Gefolge, bestehend aus den Beilsteiner Weinmachern und zahlreichen Weinliebhabern, die zur offiziellen Feier vor der Sankt-Anna-Kirche gekommen waren, verhielt sich eher ungewöhnlich.

Statt der Prinzessin den längeren Weg durch die Weinberge zu folgen, nahm es die steilere Abkürzung über die Treppen, was den Vorteil hatte, dass das Gefolge die Weinhoheit auf dem letzten Stück des Weges schon erwartete. Anders hielt es der vierjährige Maximilian, der, wie die großen Weinmacher, fesch in einen dunkelblauen Winzerkittel mit weißen Nadelstreifen gekleidet war. Er durfte nämlich mit Papa Marcel Wiedenmann vom Weingut Sankt Annagarten hinten auf dem Tritt des Leiterwagens Platz nehmen und mitfahren.

Zuvor hatte der Posaunenchor, dirigiert von Hartmann Dippon vom Schlossgut Hohenbeilstein, den Beilsteiner Herbstauftakt festlich eröffnet. Der stellvertretende Vorsitzende der Bottwartaler Winzer, Dieter Betzelberger, begrüßte die zahlreich erschienenen Gäste. „Eigentlich ist das kein Herbstauftakt mehr, weil wir in diesem Jahr etwa zwei Wochen früher dran und schon mitten in der Lese sind“, sagte er. Doch den göttlichen Segen kann man auch da noch gebrauchen. Das machte der Pastor der evangelisch-methodistischen Gemeinde, Ingo Blickle, in seiner Ansprache deutlich. Für Gelächter sorgte er mit dem Zitat eines Theologiedozenten aus Reutlingen: „Es mag ja sein, dass Jesus aus Wasser Wein gemacht hat, aber es wäre ihm sicher nicht gelungen, aus Trollinger Wein zu machen.“ Der Mann kann kein Schwabe gewesen sein, sonst hätte er den Trollinger mehr zu würdigen gewusst.

Gemeinsam sangen die Anwesenden „Wir pflügen und wir streuen“ und „Freuet euch der schönen Erde“ – passende Lieder zur Ernte- und Lesezeit. Dann erwachte der Traktor mit lautem Knattern und einer mächtigen Abgaswolke zum Leben. „Der macht bestimmt die guten Feinstaubwerte zunichte“, unkte eine Frau. Egal, die Strecke bis zum Fuß der Burg war ja nicht lang. Auf dem Parkplatz dort warteten schon die Landfrauen mit Roten Würsten und Schmalzbroten. Außerdem hatten die fünf Beilsteiner Weinmacher – neben den bereits genannten noch die Weingüter Gemmrich, Krohmer und Kircher – und die Bottwartaler Winzer einen Probierstand aufgeschlagen. Zuvor jedoch wurden erst einmal einige Trauben geraspelt und gepresst: „Wir machen heute Schillersaft“, erklärte Betzelberger. „Rote Trauben, weiße Trauben, und ein paar Tafeltrauben sind auch noch darunter.“ Auf immerhin knapp 80 Grad Oechsle brachte es die bunte Mischung – und das trotz Regen.