Es herrscht die weit verbreitete Meinung, wegen der langen Kolonialzeit habe sich in Tansania keine eigene Esskultur entwickelt. Das Mahl ist Mittel zum Zweck. Foto: David Muth

David Muth verbringt seinen Freiwilligendienst in einem Kinderheim in Tansania. Von dort berichtet der Beilsteiner regelmäßig.

Tansania - Es ist 10 Uhr. Die Köchinnen unseres Kinderheims fragen mich, ob ich ihnen helfen kann, den 25 Kilo schweren Sack mit Maismehl in die Küche zu tragen. Natürlich sage ich ja und schleppe den Sack bis in die außerhalb der Häuser liegende Küche. Hier wird man mit von den Kindern gezeichneten und teils verwischten Kohlezeichnungen an den Wänden und von dem beißenden Rauch der Kohle und Holzfeuerstelle begrüßt, die in eine Betonwand eingelassen ist. Wir haben zwar auch eine innen liegende Küche mit Gasherd, diese wird allerdings nur für Beilagen benutzt, da die riesigen Töpfe einfach draußen besser auf die Feuerstellen passen. Genau einer dieser Riesentöpfe, mit schon sprudelnd kochendem Wasser, steht an diesem Tag auf einer der vier Feuerstellen. Heute wird mir beigebracht, wie man Ugali kocht. Ugali ist ein nur aus Maismehl und Wasser bestehender Brei, welcher eine feste Konsistenz hat und welchen ich als typisch tansanisches Grundnahrungsmittel bezeichne. Als erstes gebe ich nach Anleitung also etwas Mehl in das Wasser und rühre um, bis sich dieses, ohne Klümpchen zu bilden, gleichmäßig im kochenden Wasser verteilt hat. Jetzt wiederhole ich das Ganze immer wieder, bis die Masse anfängt, fest zu werden. Sobald sich langsam die Konsistenz des Breis ändert, wird das Kochen zur Schwerstarbeit, da man dauerhaft umrühren muss und einen das heiße Feuer zusätzlich noch Schweißperlen ins Gesicht treibt.

Endlich ist es geschafft, wir nehmen den Topf vom Herd und füllen den Brei in die Warmhalteboxen. Zu dem Ugali gibt es ganz typisch Maharagwe, eine Soße, welche aus mehreren Stunden lang gekochten Bohnen und wahlweise noch einzelnem anderen gekochten Gemüse wie Tomaten, Karotten oder grüner Paprika besteht. Außerdem steht noch eine als Boga bezeichnete Form gekochten und mit Salz gewürzten Spinats auf der Anrichte.

Die Kinder kommen um 12.30 Uhr wieder zurück von der Schule, und ich fange schon mal an, das Essen für Sie auf den Plastiktellern anzurichten. Auch ich esse jetzt mit den Kindern an einem Tisch. Mich kostet es immer etwas Überwindung den Ugali, welcher ganz genau nach nichts schmeckt, herunterzuschlucken. Als ich allerdings einen der siebenjährigen Jungs frage, was sein Lieblingsessen ist, staune ich nicht schlecht, dass er mir eben diesen geschmacklosen Ugali nennt. Für mich stellt er nur ein Nahrungsmittel dar, um satt zu werden.

Gern esse ich Pilao, ein gut gewürztes Reisgericht, welches an Feiertagen zubereitet wird. Im Alltag empfinde ich das Essen hier meist eher fad und langweilig. Dies liegt nach weit verbreiteter Meinung an der fehlenden Essenskultur, welche sich auf Grund der langen Kolonialzeit hier in Tansania nie gebildet hat. So wird hier nicht aus Lust gegessen, sondern eher als Mittel zum Zweck, um satt zu werden und Kraft für die meist körperlich schwere Arbeit auf dem Feld oder im Handwerk zu sammeln. Eines meiner Lieblingsgerichte hier ist außerhalb des an Feier- und Sonntagen servierten oben genannten Pilao auch „Chipsi Mayai“, ein Omelett mit eingebackenen Pommes, was mich noch am meisten an europäisches Essen erinnert, auf welches ich mich nach meiner Rückkehr schon wieder so freue.

In unserem Kinderheim wird auch viel Obst und Gemüse für den eigenen Bedarf angebaut. Eine voll ausgereifte Orange oder Ananas zu essen, bedeutet für mich einen Höhepunkt des Tages.