Der Posaunenchor spielt unter Patrick Freier (links) etwa zehn Stücke. Foto: Cornelia Ohst

Die Beilsteiner sollten ihre Fenster am Ostersonntag um 9 Uhr ganz weit öffnen. Denn dann spielt der Posaunenchor der evangelisch-methodistischen Kirche.

Beilstein - Es ist ein erhabener Anblick, der sich oberhalb über den Dächern Beilsteins bietet. Genauso erhaben muss es sich für den anfühlen, der als Musiker die unterhalb liegende Stadt bespielt Denn der sogenannte Langhansturm in Beilstein ist nicht nur ein perfekter Aussichtsgeber: Das hohe Gebäude gibt auch den Musikern des Posaunenchors alljährlich zweimal Unterschlupf.

An jedem Ostersonntag wie auch am ersten Weihnachtsfeiertag geschieht nämlich dies: den Beilsteinern dringen gegen 9  Uhr morgens Choräle und klassische Bläsermusik ins Ohr; gespielt von den Mitgliedern des evangelisch-methodistischen Posaunenchors unter der Leitung von Patrick Freier. Der 28-Jährige dirigiert das Ensemble seit 2014 und hat auch die Traditionsaufgabe liebend gern übernommen. „Wenn die Glocken aufgehört haben, die volle Stunde anzukündigen, kommt unser Einsatz“. Alle Spieler seien mit vollem Eifer dabei, freut sich Freier, der inzwischen aber kennen gelernt hat, dass es recht ungemütlich auf dem Turm werden kann. „Doch wir haben bislang bei allen Wetterlagen gespielt“, betont der Dirigent, der auch schon miterlebt hat, dass einzelne Instrumente eingefroren waren. Was die Witterung allerdings bestimmt, ist die Länge der Darbietung. Denn üblicherweise erschallen acht bis zehn Stücke – wenn das Wetter mitmacht. „Bemerkenswert ist, dass es an Ostern oftmals kälter war als an Weihnachten“, gibt Freier zu bedenken, der stolz darauf ist, dass seines Wissens noch nie ein Turm-Auftritt abgesagt worden sei. „Im schlimmsten Fall wird eben unten an der Burgmauer gespielt.“

Dass viele Beilsteiner gar nicht wissen, durch wen die Musik überhaupt ertönt, stört den jungen Dirigenten wenig. Aber schön fände er es, wenn möglichst viele aus der Bevölkerung das Spiel der Bläser hörten. Von der Windrichtung sei es abhängig, ob und wo man die Bläser höre. Freier empfiehlt deshalb auf alle Fälle „gegen 9 Uhr die Fenster weit zu öffnen“. Und wenn die Spieler einmal losgelegt haben, hören nicht nur menschliche Ohren die Werke der österlichen Musikliteratur. „Wir wecken damit wohl auch die gefiederten Freunde in der Vogelwarte“, meint Freier augenzwinkernd und fügt hinzu: „Im Gegensatz zum Silvester-Feuerwerk aber dürfte unser Spiel eine Wohltat sein“.

Schon jetzt freut sich der Chorleiter auf den österlichen Turmaufstieg, der durchaus auch das Gemeinschaftsgefühl der Posaunenchormitglieder stärke. Aber nicht nur, um den Ausblick über das Tal zu genießen, sondern auch, „um die frohe, österliche Botschaft zu verkünden“.

Wegen der christlichen Botschaft von der Auferstehung Jesu verändert der Dirigent schon mal kurzerhand die Textzeile eines Liedes und passt sie den Bläsern an: „Spielt es laut in allen Landen, Christ, der Herr, ist auferstanden“.