In den USA wird sie künftig den Sport und das Studium verbinden. Foto: KS-Images.de

Paula Ruess ist künftig bei der Fairleigh Dickinson University in New Jersey am Ball.

Affalterbach - Am Sonntag wird der Flieger abheben, der Paula Ruess in einen völlig neuen Lebensabschnitt bringt. Die 18-jährige Affalterbacherin wird künftig an der Fairleigh Dickinson University (FDU) in Teaneck/New Jersey ihr Studium beginnen und nebenher im dortigen Team Fußball spielen. Oder auch umgekehrt. „Zunächst einmal gehen meine Eltern noch mit und wir machen zusammen ein paar Tage Urlaub. Aber am 1. August ist Trainingsauftakt. Wir haben da ein straffes Programm mit zwei bis drei Einheiten pro Tag“, erzählt Paula Ruess.

Und ganz nebenbei sollte sie in den ersten Wochen möglichst noch ein paar Schnuppervorlesungen besuchen. Denn Ende August muss sie sich dann entscheiden, was sie studieren möchte. „Im Moment weiß ich das wirklich noch nicht. Psychologie würde mich interessieren. Es muss halt etwas sein, was hier auch anerkannt wird. Kriminaltechnik hätte ich gerne gemacht. Doch das wird aufgrund der unterschiedlichen Rechtssysteme hier eben nicht anerkannt. Im Notfall mache ich halt BWL, wie die meisten anderen auch“, sagt sie lachend.

Paula Ruess hat ein Vollstipendium bekommen, ebenso wie ihre beste Freundin Lea Egner. „Die Studiengebühren könnte man sich sonst gar nicht leisten.“ Paula und Lea haben bisher zusammen beim VfL Sindelfingen in der 2. Bundesliga gespielt. Nun gehen sie gemeinsam in die USA. „Es gibt neben der Profiliga vier Divisionen, in denen die Universitäts-Teams spielen. Unsere Mannschaft ist in der Division II, ihr Niveau entspricht in etwa dem der 2. Bundesliga“, hat sich Paula Ruess schon schlau gemacht. Es gab auch noch Angebote von ein, zwei anderen Unis, unter anderem aus Florida. „Das wäre sicher wärmer gewesen, denn in New Jersey kann es im Winter schon sehr kalt werden. Aber da Lea und ich von der FDU das gleiche Angebot bekommen haben, war die Entscheidung schnell gefallen.“

Vom Campus ihrer Uni sind es nur ein paar Kilometer bis zum Hudson River und dann nach Manhattan. „Ich glaube aber nicht, dass wir in der Anfangszeit dazu kommen werden, eine Shopping Tour dorthin zu unternehmen“, sagt die 18-Jährige. Denn die Saison ist kurz, aber heftig. „Das geht von August bis November, meist mit zwei Spielen pro Woche. Und im Dezember sind Prüfungen.“ Kurz vor Weihnachten ist dann der erste Heimaturlaub geplant. Der zweite Teil des Uni-Jahres folgt von Januar bis Mitte Mai. „Da ist es dann etwas lockerer, ab und zu spielen wir ein Turnier“, weiß Paula Ruess.

Die Vorfreude auf das Abenteuer in den USA ist eindeutig größer als die Nervosität. „Natürlich werden mir meine Familie und meine Freunde fehlen. Bisher sind meine Eltern bei jedem Spiel dabei gewesen – ob daheim oder auswärts. Das wird sicherlich komisch, wenn die dann fehlen“, glaubt die Affalterbacherin. „Aber ich bin nicht so der Typ, der groß Heimweh hat. Und dass Lea mit dabei ist, wird sicher eine große Hilfe.“ Vier Jahre will Paula Ruess zunächst einmal an der FDU studieren. „Dann habe ich mein Bachelorstudium beendet. Man kann eventuell noch ein Jahr verlängern. Aber das ist noch weit weg.“

Vier Jahre in die Vergangenheit zurück ist der Zeitpunkt, zu dem sie zum VfL Sindelfingen wechselte. „Mit dem Fußball angefangen habe ich mit fünf Jahren. Die ganzen Jungs aus meiner Grundschulklasse haben im Verein gekickt, und die haben da noch Leute gesucht. Da wollte ich dann unbedingt mitspielen.“ Da es keine eigene Mädchenmannschaften gab, spielte Paula Ruess halt mit den Jungs mit. Kurzzeitig wechselte sie zwischendurch auch mal zu den Biegelkickern Erdmannhausen in eine Mädchenmannschaft. „Aber da spielte ich mit Mädchen zusammen, die ein bis zwei Jahre älter waren als ich. Und als die dann eine Altersklasse hoch gingen, war nicht mehr so richtig Zug drin.“ Sie ging dann noch einmal zurück nach Affalterbach und spielte wieder mit Jungs. „Ich war damals schon in der Fördergruppe. Mit den Jungs zu spielen war ein Vorteil, weil es da mehr zur Sache geht. Wenn man sich da durchsetzen kann, klappt es bei den Mädchen erst recht.“ Doch hier wiederholte sich das Problem: Viele Jungs aus der C-Jugend wurden in die B-Jugend hochgezogen. Als Mädchen durfte sie nicht mit. Dafür hätte sie im DFB-Kader sein müssen, Paula Ruess gehörte aber „nur“ zum wfv-Kader. „Wir haben dann erfahren, dass die in Sindelfingen noch Spielerinnen suchen. Da bin ich mal zum Probetraining gegangen und direkt genommen worden“, erzählt sie.

Dort spielte sie dann zunächst in derB-Jugend-Bundesliga und schaffte schließlich auch den Sprung ins Zweitliga-Frauenteam. „Die Fahrerei hat natürlich sehr viel Zeit gekostet. Die ersten Jahre bin ich viel mit der Bahn gefahren, das hat zum Teil zwei Stunden gedauert. Zuletzt mit Führerschein und Auto war das schon entspannter.“ So „ganz nebenbei“ ging Paula Ruess natürlich noch zur Schule. Nach der mittleren Reife in Ludwigsburg wechselte sie auf die Cotta-Schule in Stuttgart, eine der „Eliteschulen des Fußballs“. Hier hat sie in diesem Jahr ihr Abitur absolviert, Durchschnitt 2,4. „Das hätte besser sein können. Aber es ist okay.“

Immerhin musste sie das alles ja noch mit der Zweitliga-Saison in Sindelfingen verbinden, wo sie zumeist in der Innen- oder Außenverteidigung gespielt hat. „Früher habe ich auch weiter vorne und auf der Außenbahn gespielt. Im Laufe der Zeit bin ich dann nach hinten gerutscht. Ich bin recht zweikampf- und kopfballstark und für eine Verteidigerin auch relativ schnell“, zählt Paula Ruess ihre Stärken auf. Die haben ihr in der abgelaufenen Saison bei insgesamt 22 Partien immerhin 17 Einsätze beschert. Die muss beim VfL Sindelfingen jetzt jemand anderes übernehmen. Denn künftig wird Paula Ruess ihre fußballerischen Qualitäten ja für die Fairleigh Dickinson University in Teaneck/New Jersey auf den Platz bringen.