Zwei Stunden vor Beginn können die Schnäppchenjäger die Artikel ansehen. Foto: geschichtenfotograf

Im Auftrag von Staatsanwaltschaft und Polizei kommen Sicherungsgüter unter den Hammer – darunter sind Auto-Ersatzteile, Laptops und mehr.

Affalterbach - Auf den ersten Blick haben die Artikel, die auf den Tischen und den Regalen ausliegen, nichts gemeinsam. Flaschen mit Spirituosen stehen neben Motoröl, Auto-Ersatzteile neben Laptops. Doch die Packung eines Smartphones lässt erahnen, dass sie eine zwielichtige Vergangenheit hat – wie alle anderen Waren auch, die der Affalterbacher Auktionator Rainer Schleweck heute unter die Leute bringen wird: Der Handykarton trägt noch ein Sicherungsetikett. Offensichtlich hat es nicht viel gebracht: Alle Auktionsgüter sind Sicherungsware – Diebesgut, Beschlagnahmtes oder Fundstücke, deren Besitzer nie ermittelt werden konnte.

Auf einer Digitalkamera-Packung klebt ein Sticker der Polizeidirektion Ludwigsburg: „Hehlerei (auch gewerbsmäßig, Bande) §259ff StGB“, ist darauf zu lesen. Die ganze Geschichte hinter den Stücken erfährt man nicht. Alle paar Monate bekommt Schleweck eine solche Lieferung, die er im Auftrag der Polizei und der Staatsanwaltschaft versteigert.

Alles darf Schleweck nicht verkaufen. Er holt eine dicke, silberne Uhr hervor: Eine „Breitling Navitimer“, die etwa 3500 Euro wert ist – wäre sie denn echt. Der Polizei ist das Plagiat offenbar nicht aufgefallen, Schleweck kam das Stück seltsam vor: „Das Glas wird milchig, wenn man es von der Seite ansieht. Die Verarbeitung auf der Oberseite ist nicht so gut, und die Seriennummer haut nicht hin. Aber ansonsten ist das schon eine gute Fälschung“, sagt er. In solchen Fällen hilft ihm ein Juwelier dabei, illegale Kopien zu entlarven. „Die darf ich nicht mehr in den Umlauf bringen“, sagt Schleweck.

Der öffentlich bestellte Auktionator hat schon bessere Lieferungen bekommen als die, die heute ausliegt. Etwa vor einigen Monaten, als 25 Fernsehgeräte dabei waren, die weggingen wie warme Semmeln. „So ein Highlight ist heute nicht dabei – eher Durchschnittskruscht“, meint er.

Die Leute kommen trotzdem. Zwei Stunden vor der Auktion betrachten und begrabbeln erste Schnäppchenjäger die Ware, notieren sich die Auktionsnummern. „Die passt dir doch nicht“, redet eine Frau ihrem Gatten eine olivgrüne Lederjacke aus, in die er sich verguckt hat. Ein anderer Herr sieht sich auf dem Tisch mit dem Schmuck um. „Vielleicht finde ich ja etwas für meine Frau“, meint der Steinenbronner, der regelmäßig herkommt.

Gerhard Bluoss kauft nichts. Im Gegenteil: Der Bekannte von Schleweck schaut zu, dass möglichst nichts wegkommt. Mit wachsamem Auge passt er auf die Waren auf: „Bis jetzt sind alle anständig“, meint er mit einem Augenzwinkern.

Und so kann die Auktion mit allen Artikeln beginnen. Schleweck legt die Reihenfolge der Artikel nach Gusto fest – und startet gleich mal mit einigen Flaschen Whisky. Die bleiben zwar verschlossen, die Stimmung lockert sich trotzdem, die Besucher steigern sich gegenseitig hoch. In den ersten Reihen sitzen viele Profis; die Artikel, die sie ersteigern, stehen vermutlich bald zum Weiterverkauf im Internet. Andere schmelzen beispielsweise den in Affalterbach ergatterten Goldschmuck zum Weiterverkauf ein. Aber bei der Auktion bieten auch viele Privatleute mit. Etwa ein älterer Affalterbacher, der draußen ein paar Fahrräder entdeckt hat. „Mein Sohn hat zwar schon ein teures Mountainbike, aber studiert jetzt in Graz. Dort wird so viel geklaut, da braucht er eine billige Alternative“, erzählt er. Gut, dass er sich da ein unscheinbares Rad ausgesucht hat: Beim teuren Markenbike mit Scheibenbremsen treiben die Bieter den Preis in die Höhe. „Bei so einer Live-Auktion spielt es eine große Rolle, dem Anderen etwas nicht zu gönnen“, weiß Schleweck. Zu viel diskutieren sollte man aber auch nicht: „Das ist viel zu teuer“, beschwert sich eine Frau über den Einstiegspreis eines Parfüms von 30 Euro – und hat das Nachsehen, eine Dame zwei Reihen weiter hinten ersteigert das Wässerchen für 40 Euro.

Auch eine Kaffeemaschine kommt bei den Bietern gut an: Bis auf 170 Euro geht der Preis hoch – „wegen der Kaffeebohnen, die noch drin sind“, scherzt jemand. Bezahlt wird meist in bar, die Käufer können ihre Schnäppchen gleich mitnehmen. Auktionator Schleweck ist unermüdlich: Bis gegen 20 Uhr preist er an, macht seine Scherze, stichelt die Bieter an, bis sich die Regale und Tische geleert haben. Der Affalterbacher, der es auf das Fahrrad abgesehen hatte, ist da schon eine Weile weg. Er war erfolgreich: „Hat nur 40 Euro gekostet“, freut er sich, als er den Drahtesel nach Hause transportiert.