Sina Kindermann wird auch selbst ihre Haare spenden. Foto: rivat

Sina Kindermann organisiert einen Aktionstag für kranke Kinder, die ihre Haare verloren haben.

Affalterbach - Für Menschen, die an Krebs leiden, ist der Verlust der eigenen Haare ein weiterer einprägsamer, schlimmer Moment. Die Krankheit, die im eigenen Körper schlummert, wird nach außen hin sichtbar, verändert das Aussehen des Patienten erheblich. Der Blick in den Spiegel fällt schwer, wird zur Qual. Selbst die Augenbrauen fallen aus und auch die Wimpern, die nun auch keinen Tränenfluss mehr bremsen. Eine Situation, die Sina Kindermann aus Affalterbach aus nächster Nähe miterleben musste. Im Jahr 2012 bekam ihre Mutter die Diagnose Brustkrebs. Der Kampf gegen die Krankheit fand hier trotz Chemotherapie kein Happy End, sie starb im Jahr 2015.

Dieser Schicksalsschlag liegt nun drei Jahre zurück, und Sina Kindermann hat in ihrer Trauer den Mut gefasst, anderen Betroffenen helfen zu wollen. Deren Leid im Kampf gegen den Krebs, sofern möglich, zumindest zu lindern. „Es geht darum, ihnen ein Stück Normalität zu geben“, sagt sie. Die 27-Jährige hat deshalb einen Haarspendetag samt Rahmenprogramm auf die Beine gestellt, der am Samstag, 30. Juni, – auch in Gedenken an ihre Mutter – stattfinden wird. Jeder, der eine Haarlänge von mindestens 27 Zentimetern hat, kann an diesem Tag zwischen 12 und 19 Uhr für den guten Zweck seine Haare lassen.

„Hergestellt werden daraus Echthaarperücken. In unserem Fall speziell für Kinder“, sagt Sina Kindermann. Im Alltag, aber gerade auch bei Festlichkeiten oder anderen besonderen Anlässen bieten die Perücken die Möglichkeit, „normal“ auszusehen. „So wird man auch nicht so häufig auf die Krankheit angesprochen, man ist nicht so isoliert“, sagt die Initiatorin. Echthaarperücken bieten nach Angaben des Vereins „Die Haarspender“ einen höheren Tragekomfort als Kunsthaarperücken – und sie sind, und das ist entscheidend, nicht als Perücke erkennbar.

Die Affalterbacherin hatte sich an jenen Verein mit Sitz in Österreich gewandt, der es sich zum Ziel gemacht hat, 70 bis 100 Kindern im Jahr zu helfen. Drei bis vier Haarspenden braucht es pro Perücke. Die Perücken werden dann vom Verein kostenlos vergeben. Das Besondere: Thomas Möller, der den Verein 2016 gründete, ist selbst Friseur und wird eigens aus Wien nach Stuttgart kommen, wo der von Sina Kindermann organisierte Aktionstag stattfindet. „Ich hatte meinen Chef gefragt, ob wir unsere Räume nutzen dürfen“, sagt die Polizistin. Die Zusage kam prompt, sodass der Haarspendetag nun im Polizeigebäude in der Metzstraße 14 in Bad Cannstatt, direkt an der Straßenbahn-Haltestelle Metzstraße, über die Bühne geht. „Manche Kollegen haben auch gleich angekündigt, mitzumachen.“

Die Haare schneiden werden neben Thomas Möller auch Jessica Rupp und Jana Teubner, zwei Freundinnen von Sina Kindermann und Friseurinnen, die sich für diesen Tag frei genommen haben. Auch ein Make-Up wird von ihnen auf Wunsch aufgetragen, selbst die Nägel können gestaltet werden. Und für die verbleibenden Haaren wird es einen Profihaarschnitt geben.

Um möglichst viele Menschen zur Haarspende zu animieren, ist auch Live-Musik geboten. „Meine Freundin Sandra Köhli wird singen und mit ihrer Cover-Band passende Musik spielen“, sagt Sina Kindermann. Köhli ist in der Musikszene keine Unbekannte: Sie verleiht sonst der bekannten schwäbischen Musikgruppe Hofbräu-Regiment eine Stimme. Auch für ein Kuchenbuffet und Trinken wird gesorgt sein. Rund 30 Freiwillige sind beteiligt, die mit organisieren und anpacken. Ob Schwester, Schwägerin, . . . – die Affalterbacherin ist froh über so viel Unterstützung. Auf der Suche ist sie noch nach einem Sponsor für die Getränke, die angeboten werden.

Wessen Haare nicht die erforderliche Länge haben, der kann auch mit einer Geldspende viel bewirken. Die Herstellung jeder „Haarspender“-Perücke wird mit etwa 360 Euro an Spenden finanziert.