Sibylle und Ulrich Szüsz „entdecken“ die brasilianischen Kostüme. Foto: Sandra Brock

Die Carnevalsfreunde lagern ihre Kostüme, Unterlagen und Utensilien im „Räumle“.

Murr - Runter in die Tiefgarage, hindurch durch eine unscheinbare Tür, den Gang entlang links, den Gang entlang rechts . . . So – oder so ähnlich – geht es zum Räumle der Carnevalsfreunde Murr (CFM). Es liegt irgendwo im weit verzweigten Kellernetz unter dem Murrer Dorfplatz und den umliegenden Gebäuden.

Für die Mitglieder der Carnevalsfreunde ist dieses Keller-Räumchen vor allem eines: praktisch. Denn dort können die Vereinsmitglieder alles lagern, was sie nicht brauchen können, wenn gerade kein Fasching ist, was in der aktuellen Kampagne nicht benötigt wird oder was generell aufgehoben gehört.

Was Letzteres angeht, so deuten Sibylle und Ulrich Szüsz, die beiden Vizepräsidenten der CFM, auf einen Schrank ganz hinten im Raum. Drin sind jede Menge Ordner, fein säuberlich nach Jahren sortiert: Die Chronik des Vereins. Daneben: Kistchen mit alten Fotos, CDs, den Taschen für die Umzüge und zwei Rollen Essens- und Getränkebons. Diese werden ausgepackt, wenn die Vereinsmitglieder selbst bewirten. Alles, was sie außerdem dazu benötigen, lagert ebenfalls im Murrer Untergrund und wird vor allem durch den Wirtschaftsminister der Carnevalsfreunde, Bertold Schneider, überwacht. Senf, Ketchup und Majo scheinen ausreichend vorhanden. Im Regal lagern außerdem Pommespiekser und Plastiklöffel, Luftballons und Küchenpapier, Glühweinbehälter und Handtücher . . . Über all dem thront ein zusammengefaltetes Zelt, lagern einige Kulissenteile und – eine Kiste mit Federn.

Diese sind „echt“ brasilianisch und ein Überbleibsel des Ratsweiber-Kostüms von vor ein paar Jahren. „Wer weiß, vielleicht kann man es ja mal für irgendetwas anderes verwenden“, sagt Sibylle Szüsz und hebt ein Federteil aus der Kiste.

Es gibt im Räumle fast nichts, was es nicht gibt. „Da kommt im Laufe der Jahre einiges zusammen“, so die Vizepräsidentin. In einem Schrank der Murrtal Funken kommen verschiedene Perücken zum Vorschein, außerdem ganze Kostüme, halbe Kostüme und Kostümteile, wie es Sibylle Szüsz lachend ausdrückt.

Heiter auch die Reaktion auf drei flauschige rosarote Fellröckchen im nächsten Schrank. Die Männergruppe hat sie wohl einst für einen Tanz gebraucht. In einem blauen Sack im Regal warten derweil Schneemänner auf ein eventuelles Recycling, in Kisten auf dem Schrank sind Tabaluga-Utensilien, schwarze Umhänge und Kostüme vom „Showtanz Teufelchen“ untergebracht. Weiter geht es im Schrank der Sternchen mit Clownskostümen, Engelchen, einer restlichen Biene – die anderen sind ausgeflogen – und „irgendwo war wohl mal ein Löwe dabei“, sagt Sibylle Szüsz lächelnd und hält eine fellbesetzte Mini-Stulpe hoch.

Kurz: Wer im Verein eine Idee für ein neues Kostüm braucht, holt sich am besten die Anregungen im Räumle unter dem Murrer Dorfplatz. „Wenn man hier ein bisschen kramt und kruschtelt, findet man bestimmt etwas.“

Wichtig ist es den Carnevalsfreunden Murr aber auch, dass sich nicht über Jahre und Jahrzehnte Dinge ansammeln. „Wir versuchen immer mal wieder auszusortieren“, so die Vizepräsidentin. Einmal haben die Vereinsmitglieder sogar versucht, die übrigen Faschingskostüme bei einer Aktion auf dem Marktplatz weiterzuverkaufen. Szüsz: „Leider wurde das gar nicht angenommen.“ Woran das genau lag – denn immerhin handelt es sich um gute Kostüme – vermag sie nicht zu sagen. Wahrscheinlich sei es ein zeitliches Problem. Eigentlich sollte eine solche Aktion in den Wochen vor Fasching laufen. „Aber genau da haben wir natürlich gar keine Zeit“, erklären die beiden Vizepräsidenten. Ob Hexenbesen oder Feenhut, Pharao-Kopfbedeckung oder Jacken für die Elferräte: „Hier hat jeder der Aktiven irgendetwas hängen oder liegen“, ist sich Sibylle Szüsz sicher. Chaos herrscht übrigens keineswegs. Zwar stimmen nicht alle Beschriftungen auf den Kisten zu 100 Prozent mit dem Inhalt überein. Aber im Großen und Ganzen kennt jeder seine Ecken. „Jeder weiß über seinen Bereich, was er wissen muss. Die Betreuerinnen kennen die Schränke mit den Gardesachen, mein Mann weiß über Zelt und Chronik Bescheid und ich schaue zum Beispiel, ob genügend Jacken für die Elferräte da sind“, erklärt Sibylle Szüsz.

Nicht zuletzt deuten die Vizepräsidenten auf eine sehr wichtige Holztruhe vorne im Raum. Was drin ist? Das können die beiden auf keinen Fall zeigen, denn das Öffnen der Truhe ist vor dem 6. Januar streng verboten. Drin gelagert sind die Masken des Murr’mer Narrs. Der wird traditionsgemäß aber erst zu Dreikönig zum Leben erweckt. Erst dann wird die Kiste geöffnet und die Masken werden abgestaubt.